St. Sebastian vor den Mauern - San Sebastiano fuori le mura

St. Sebastian vor den Mauern - San Sebastiano fuori le mura

St. Sebastian vor den Mauern - San Sebastiano fuori le mura

Die kleinste der sieben Hauptkirchen Roms befindet sich zwischen dem 3. und 4. Meilenstein auf der alten Via Appia Antica, ursprünglich wurde sie „Basilica Apostolorum“ genannt. Sie ist die Grabstätte des berühmtesten Märtyrers, der in den unter der Kirche und deren Umgebung befindlichen Katakomben bestattet wurde: des hl. Sebastian. 

Es war im Jahr 258 und Sebastian war Hauptmann der Prätorianischen Leibwache Kaiser Diokletians. Von frühester Jugend an war er Christ. Eines Tages wurde er beschuldigt, zwei junge Männer aufgemuntert zu haben, mutig zu ihrem Glauben zu stehen und Christus die Treue zu halten,  auch wenn es ihr Leben kosten würde: „Die Verfolgung, die wir hier leiden, glüht heute und ist morgen verraucht, in einer Stunde nimmt sie ein Ende, aber die Feuer der ewigen Pein werden alle Zeit erneuert und gemehrt.“ Daraufhin gingen die beiden mutig in den Märtyrertod und legten mit diesem ein beredtes Zeugnis für Christus ab.  Man hinterbrachte Kaiser Diokletian dieses Verhalten eines seiner Hauptmänner, daraufhin wurde Sebastian wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angeklagt und zum Tod verurteilt. 
 

Das Martyrium des hl. Sebastian

Das Martyrium des hl. Sebastian

Dort, wo jetzt in Rom die Kirche San Sebastiano al Palatino steht, wurde er an einem Baum gebunden und so lange mit Pfeilen beschossen, bis er besinnungslos zu Boden sank. Man hielt ihn für tot. Die hl. Witwe Irene verlangte seinen Leib, um ihn zu begraben, aber dann stellte sie fest, dass er noch am Leben war. Sie nahm ihn in ihr Haus und pflegte ihn gesund.

Kaum war Sebastian gesundet, klagte er den Kaiser öffentlich wegen seiner Grausamkeit gegenüber den Christen an.  Diokletian ließ ihn ergreifen und im Circus mit Keulen erschlagen, sein Leib wurde in den städtischen Abwasserkanal geworfen. Von dort wurde er von den Christen geborgen und im Cemeterium (Friedhof) ad catacumbas (bedeutet: in der Talsenke)) begraben. Die Bezeichnung Katakombe soll sich von diesem Ausdruck ableiten, sie wurde ab dem 9. Jahrhundert zur allgemeinen Bezeichnung für alle unterirdisch gelegenen Friedhöfe. An dieser Stelle befand sich ursprünglich ein heidnischer Friedhof mit Wandnischen für Aschenurnen, Erdgräber und Mausoleen. Erst im 3. Jahrhundert wurde die Begräbnisstätte zunehmend von Christen benutzt und wurde schließlich zu einem ihrer größten unterirdischen Friedhöfe. Viele Tausende Christen sollen hier begraben sein.
 

Darstellung eines Begräbnisses in den Katakomben

Darstellung eines Begräbnisses in den Katakomben

Um das Jahr 350 ließ Kaiser Konstantin über der ausgedehnten Katakombenanlage eine Basilika errichten, es war eine imposante Kirche mit einem Hauptschiff und mit aufwändig verzierten Wänden. Sie wurde den Apostelfürsten Petrus und Paulus geweiht, denn hierher brachte man im Jahr 258 während der Regentschaft des Kaiser Valerian die sterblichen Überreste der beiden Apostel in Sicherheit. Nachdem der Herrscher den christlichen Grabstätten den Schutz des Gesetzes abgesprochen hatte und die Reliquien der Apostelfürsten am Vatikanischen Hügel und an der Via Ostienses nicht mehr sicher waren, brachte man sie hierher, bis friedlichere Zeiten anbrachen. So ruhten sie hier bis zum Jahr 313 und der heutige Hauptaltar steht genau an der Stelle, wo einstmals die Gebeine der Apostel verborgen waren.

Zu Beginn des 5. Jahrhunderts weihte Papst Innozenz I. die Basilika dem Märtyrer Sebastian. Nach einem ersten Umbau im 13. Jahrhundert verlor die Kirche durch einen großangelegten Umbau im 17. Jahrhundert ihren alten Charakter völlig.  Die Arbeiten wurden 1612 vollendet, die Kirche hatte nun ein sehr schlichtes Erscheinungsbild erhalten. Von dem ursprünglichen Atrium sind nur die sechs Granitsäulen vor dem Eingang der Kirche erhalten geblieben.

Die Reliquien des hl. Sebastian wurden im Jahr 826, als es zu mehrfachen Überfällen der Sarazenen kam, in das Oratorium Gregor des Großen gebracht. Erst Honorius III. ließ sie im Jahr 1218 auf Bitten der Zisterziensermönche, die die Basilika übernommen hatten, zurückführen. Heute ruhen die Gebeine des hl. Sebastian in einem kostbaren Reliquiar aus blauen Lapislazulistein beim ersten Seitenaltar links, sein Haupt jedoch befindet sich in der Kirche Quattro Coronati. Unter dem Altar befindet sich eine herrliche Statue, den mit Pfeilen durchbohrten Heiligen darstellend, angefertigt von einem Schüler Berninis. 
 

St. Sebastian
St. Sebastian

Zwischen 1914 und 1928 wurden umfangreiche Grabungsarbeiten unter der Kirche durchgeführt, bei denen ein Versammlungsraum der frühen Christen entdeckt wurde, mit Sitzbänken an der Seite und einem Tisch für den Kult. An den Wänden fand man unzählige Bitten an die beiden Apostel Petrus und Paulus geritzt, was auf ihre Verehrung an diesem Ort schließen lässt und die Annahme bestätigt, dass ihre Gebeine hier vorübergehend bestattet waren.

Beim Betreten der Basilika fällt v.a. die prächtige Holzdecke auf, die das Wappen von Kardinal Borghese und Papst Gregor XVI. zeigt, weiters ist auch eine beeindruckende Darstellung des hl. Sebastian zu sehen.
 

Holzdecke in S. Sebastiano
Darstellung  des Hl. Sebastian

Die Holzdecke

In einer Nische auf der rechten Seite sehen wir die bemerkenswerte Marmorbüste des „Salvator Mundi“, des Erlösers, sie wirkt wie in einen Satin-Umhang gehüllt, mit dichten Locken, die rechte Hand zum Segen erhoben – so steht sie in einer dunklen Nische der Kirche. Sie war das letzte Werk Berninis, das er nach seinen eigenen Aussagen zur Ehre des Erlösers schuf, als er bereits im 81. Lebensjahr stand. Nur ein Jahr später verstarb er. Seit dem 17. Jahrhundert galt dieses Werk als verschollen. Es war im August 2001, als einige Kunsthistoriker die Statue in einem Kunstkatalog entdeckten, sie hielten die Statue zunächst für eine Kopie, von denen es tatsächlich zwei gibt, eine in den USA und eine in Frankreich. Die Büste, die in San Sebastiano stand, sah man dort aber für lange Zeit für das Werk eines anderen Bildhauers an. Bei einer genaueren Untersuchung war man überzeugt, hier das letzte Werk von Bernini vor sich zu haben. Durch die komplizierte Geschichte des Klosters in San Sebastiano, v.a. seit der napoleonischen Epoche, war das Wissen über die Herkunft dieses Meisterwerks verloren gegangen. Der große Bildhauer Gian Lorenzo Bernini, eines der größten Genies auf dem Gebiet der Bildhauerei, dem Rom ein halbes Jahrhundert zu Füßen lang, der von vier Päpsten bewundert und verehrt wurde, dem sogar der Sonnenkönig Ludwig XIV. seine Bewunderung bezeugte, beschloss sein Leben mit einem bleibenden Werk der Verehrung dessen, für den er eigentlich in Wirklichkeit sein Leben lang gewirkt hatte: In der Verehrung Jesu, des Erlösers. 
 

Salvator Mundi von Bernini

Salvator Mundi von Bernini

In der Reliquienkapelle ist einer der Pfeile, die den hl. Sebastian trafen, sowie der Rest einer Säule, an die er bei seinem Martyrium gebunden gewesen ist, ausgestellt. Weiters sieht man Fussabdrücke, die Christus an dem Ort hinterlassen haben soll, wo Er Petrus traf, als dieser Rom verlassen wollte. Auf die Frage „Wohin gehst du Herr?“ (Quo vadis Domine?) hat Christus geantwortet: „Ich gehe nach Rom, um mich erneut kreuzigen zu lassen.“ Darauf kehrte Petrus sofort nach Rom zurück, wissend, dass er seinem Martyrium entgegenging. Die kleine Kirche Santa Maria in Palmis, besser bekannt als Quo Vadis Domine-Kapelle, befindet sich in unmittelbarer Nähe von hier und soll an der Stelle stehen, wo es zu dieser Begegnung gekommen ist.  
 

Reliqienaltar des Hl. Sebastian

Reliquienaltar

Im Sakramentsaltar der Seitenkapelle vorne rechts ist das Haupt des hl. Papstes Fabian aufbewahrt. Dieser regierte die Kirche von 236 bis 250. Er erlitt das Martyrium unter Kaiser Trajan und wurde zunächst in der Calixtus-Katakombe bestattet. Eine Statue zeigt Fabian in den prächtigen Gewändern eines barocken Papstes.
 

Darstellung des hl. Papstes Fabian

Darstellung des hl. Papstes Fabian

Die hl. Brigitta und ihre Tochter Katharina, der hl. Philipp Neri, der hl. Karl Borromäus, der hl. Joseph Calasanzius und viele andere Heilige hatten eine besondere Verehrung zu dieser Kirche und zu den darunter liegenden Katakomben, viele Stunden verbrachten sie hier in Gebet und Betrachtung. 

Mehr als tausend Jahre zuvor, war es der hl. Hieronymus, der oft hierher kam, wie es uns eine Tafel am Eingang der Katakomben erzählt: „Als ich zu Rom war als Knabe, und die Wissenschaften lernte, pflegte ich mit den anderen meines Alters und meiner Gesinnung an Sonntagen die Gräber der Apostel und Märtyrer zu besuchen, und häufig in die Grüfte hinabzusteigen, welche tief in der Erde gegraben, auf beiden Seiten vom Eintretenden, an den Wänden Leiber der Begrabenen haben..“ 
 

In den Katakomben unter der Kirche St. Sebastian

In den Katakomben unter der Kirche St. Sebastian

Das zugehörige Kloster gehörte ursprünglich dem Benediktinerorden, wechselte aber die Besitzer im Lauf der Jahrhunderte mehrmals und wird jetzt von Franziskanern betreut.

In den verheerenden Seuchen, die seit dem frühen Mittelalter so oft Italien, ja ganz Europa heimsuchten, traf die Krankheit ihre Opfer oft plötzlich, wie durch einen von unsichtbarer Hand abgeschossenen Pfeil. So war es naheliegend, dass gerade der durch Pfeile durchbohrte Heilige zum Schutzpatron gegen Infektionskrankheiten wurde. 

Ihn könnten wir vor dem Verlassen seiner Begräbnisstätte bitten, dass wir, auf seine Fürbitte hin, vor einem plötzlichen Tod bewahrt bleiben mögen, aber auch, dass wir unserem Glauben an Jesus Christus bis zu unserem Lebensende treu bleiben mögen, dass wir den Mut und die Stärke erhalten, Ihn zu bekennen und zu bezeugen inmitten einer Welt, die von einem neuen Heidentum erobert wurde, einer Welt, die den Erlöser nicht mehr kennt – und die nichts Dringenderes braucht als neue Zeugen, neue Bekenner, neue Heilige und vielleicht sogar neue Märtyrer, die uns den Weg weisen zurück zur wahren Lehre und wahren Tradition der Kirche. 
 

Vorbild - Heiliger Sebastian

Mit diesen Gedanken verlassen wir San Sebastiano und wenden unsere Schritte zu unserem nächsten Ziel, zur Kirche des Heiligen Kreuzes.