Zeugen der Urkirche - Der hl. Polykarp von Smyrna und die Verfassung des Barnabasbriefes

Zeugen der Urkirche - Teil 3
Das Leben des Polykarp von Symrna
Polykarp war in seiner Jugend ein Schüler des Apostels Johannes und wurde nach Tertullian (De praescr. haer. 22) und Hieronymus (De vir. ill. 17) von diesem Apostel zum Bischof von Smyrna bestellt. Polykarp von Smyrna nimmt in der Geschichte der christlichen Kirche einen ganz besonderen und vielleicht sogar einzigartigen Platz ein. Er wurde persönlich von dem Apostel Johannes unterwiesen und ist deshalb wichtig für die Kontinuität des Glaubens von der Zeit Christi durch die apostolische Epoche und darüber hinaus. Polykarp wurde wahrscheinlich um das Jahr 69 oder 70 geboren.
Wahrscheinlich war er Anfang des Jahres 155 in Rom, um mit Papst Anicet über einige strittige Punkte, vor allem über den Termin des Osterfestes zu sprechen (Eusebius, H.E. V,24,16; IV,14,1; Hieronymus: De vir. ill. c.17). Polykarp folgte der morgenländischen Praxis, Ostern am 14. Nisan zu feiern, gleichgültig auf welchen Wochentag dieser Termin fiel, während in Rom sowie im ganzen Abendland und in Alexandrien das Fest am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gefeiert wurde, wie wir es heute noch tun. Es kam zwar in diesem Punkt zu keiner Einigung, aber deswegen auch zu keinem Zwist.
In Rom soll Polykarp auch dem Häretiker Marcion begegnet sein und ihn einen „Erstgeborenen Satans“ genannt haben.
Marcion lehrte einen strengen Dualismus, nach dem von Ewigkeit her ein guter und ein böser Gott existieren. Der böse Gott sei der Demiurg, d. h. der Schöpfer der materiellen Welt. Jesus sei Sohn des guten Gottes gewesen und mit einem Scheinleib im 15. Jahr des Tiberius erschienen, um die Menschen von der Herrschaft des Demiurgen, der das Gesetz gegeben und die Propheten gesandt habe, zu befreien. Marcion stellte also einen scharfen Gegensatz zwischen dem Alten und dem Neuen Testament auf. Der Gott des AT war für ihn der böse Gott. Da Jesus nur einen Scheinleib hatte, war er nicht von Maria geboren, erlitt keinen wahren Kreuzestod, und natürlich war auch die Auferstehung nur Schein. Marcion war auch einer der ersten Bibelkritiker, denn er schied aus ihr alles aus, was nicht zu seiner Lehre passte.
Polykarp erlitt das Martyrium im Jahr 155 oder 156 unter Kaiser Marc Aurel. Nach dem frühen Bericht, den wir über sein Martyrium haben (das Martyrium Polycarpi) sagte Polykarp, als er vom Proconsul aufgefordert wurde, Christus zu fluchen, er habe Christus 86 Jahre lang gedient. Viele halten das für sein Lebensalter.
Wenn seiner Taufe allerdings eine längere Zeit vorausgegangen sein sollte, müsste er noch deutlich älter gewesen sein. Jedenfalls scheint er bei seinem Martyrium noch relativ rüstig gewesen zu sein.
Das Martyrium Polycarpi hat die Form eines Schreibens der Gemeinde von Smyrna an die Kirche von Philomelium in Phrygien. Hier heißt es, dass Polykarp sich auf das Drängen seiner Freunde hin vor den Verfolgern zunächst in einem Landhaus bei Smyrna verborgen hatte. Als er dort entdeckt wurde, erbat er sich von seinen Verfolgern eine Stunde Zeit für das Gebet und ließ sie unterdessen bewirten.
Er wurde gleich in die Arena von Smyrna gebracht. Da die Tierkämpfe jedoch schon beendet waren, konnte das Verlangen des Volkes, einen Löwen auf ihn zu hetzen, nicht erfüllt werden. Er wurde stattdessen zum Feuertod verurteilt.
Dem Proconsul, der versuchte, ihn zum Abfall von Christus zu überreden, antwortete er: „Du drohst mir mit einem Feuer, das nur eine Stunde brennt und nach kurzem erlischt; denn du kennst nicht das Feuer des zukünftigen Gerichtes und der ewigen Strafe, das auf die Gottlosen wartet. Doch was zögerst du? Hole herbei, was dir gefällt!“
Aber „das Feuer wölbte sich wie ein vom Winde geschwelltes Segel und umwallte so den Leib des Zeugen; dieser aber stand in der Mitte nicht wie bratendes Fleisch, sondern wie Brot, das gebacken wird, oder wie Gold und Silber, das im Ofen geläutert wird. Auch empfanden wir einen Wohlgeruch wie von duftendem Weihrauch oder von einem anderen kostbaren Rauchwerk.“ Weil das Feuer ihm keinen Schaden zufügte, wurde er durch einen Dolchstoß getötet. Sein Fest wird am 26. Januar gefeiert.
Der Brief an die Philipper
Die Philipper hatten Polykarp gebeten, ihnen zu schicken, was er an Briefen des hl. Ignatius besitze. Indem Polykarp diese Bitte erfüllte, richtete er auch selbst einen Brief an die Gemeinde. In ihm gibt es nicht nur Zitate aus dem AT, sondern auch schon aus dem NT, nämlich aus dem Matthäus- und dem Lukasevangelium, den Paulusbriefen, dem ersten Petrus- und dem ersten Johannesbrief. Er ist allerdings nur in einer lateinischen Übersetzung vollständig erhalten. Ein Teil wird in der Kirchengeschichte des Eusebius (3,36,13) wiedergegeben.
Der Brief enthält Mahnungen an Männer, Frauen, Witwen, Diakone, Jünglinge und Jungfrauen, ihre Standespflichten zu erfüllen, dann an die Priester.
„Desgleichen (sollen) auch die Jünglinge untadelig (sein) in allem, vor allem der Keuschheit sich befleißen und sich selbst zügeln und zurückhalten vor allem Bösen; denn es ist gut, sich loszureißen von den Begierden der Welt, weil jede Begierde ankämpft wider den Geist und weil weder Hurer noch Weichlinge noch Knabenschänder das Reich Gottes erben werden, noch die, welche Unordentliches tun. Deshalb muss man sich von all dem enthalten, im Gehorsam gegen die Presbyter und die Diakonen wie gegen Gott und Christus“ (5,3).
Er warnt vor den Doketen, d. h. vor denen, die Christus die wahre Leiblichkeit absprachen und ihm nur einen Scheinleib zuschrieben, und mahnt, in der überlieferten Lehre zu verharren.
Denn jeder, der nicht bekennt, dass Christus im Fleische erschienen ist, ist ein Antichrist; und wer das Zeugnis des Kreuzes nicht bekennt, ist aus dem Teufel; und wer die Reden des Herrn verkehrt nach seinen eigenen Begierden und die Auferstehung und das Gericht leugnet, der ist der Erstgeborene Satans.
Deshalb wollen wir das leere Gerede der großen Menge und die falschen Lehren beiseite lassen und uns der von Anfang uns überlieferten Lehre zuwenden, andächtig beim Gebet, ausdauernd im Fasten, mit Bitten den allsehenden Gott bestürmend, er möge uns nicht in Versuchung führen“ (7,1-2).
Trauer drückt Polykarp aus über den Fall eines Presbyters in Philippi namens Valens, der sich offenbar aufgrund von Habsucht als unwürdig erwiesen hat.
Am Schluss bittet er noch, ihm mitzuteilen, was sie über Ignatius und seine Begleiter Sicheres erfahren haben. Darum nimmt man an, der Brief sei kurz nach dem Martyrium des Ignatius geschrieben worden.
Der heilige Polycarp: Schluss mit dem leeren Gerede!
(Teil 1)
Attribute:
als Greis, auf Scheiterhaufen, Flamme, Dolch

St. Polykarp: Patron gegen Ohrenleiden
Steht also darin fest und unwandelbar im Glauben, Freunde der Geschwisterlichkeit, in gegenseitiger Liebe, in Wahrheit geeint! Dient einander mit der Sanftmut des Herrn, verachtet niemand! Wenn ihr Gutes tun könnt, schiebt es nicht auf; denn Almosen befreit vom Tod! Seid alle einander untertan, führt einen untadeligen Lebenswandel unter den Heiden, ... Betet für alle Heiligen. Betet auch für die Könige und die Machthaber und Fürsten und für die, die euch verfolgen und hassen
Der Barnabasbrief
Zu den Werken der Apostolischen Väter wird auch der sog. Barnabasbrief gezählt. Barnabas holte den hl. Paulus aus Tarsus nach Antiochien und begleitete ihn später auf seinen Missionsreisen. Obwohl er nicht zu den Zwölfen gehört, wird ihm in der Liturgie die Ehrenbezeichnung eines Apostels gegeben.
Sein Fest feiert die römische Kirche am 11. Juni. Der Brief erhebt allerdings nicht den Anspruch, von Barnabas oder sonst einem Apostel verfasst zu sein, aber die älteste Überlieferung hat ihn dem Barnabas zugeschrieben. Eusebius rechnet ihn in seiner Kirchengeschichte zu den umstrittenen Schriften, und der hl. Hieronymus zählt ihn zu den Apokryphen (De vir. ill. 6).
Inhalt
Der Brief will den Lesern im ersten Teil vor allem die Wertlosigkeit des AT darlegen. Die wörtliche Auslegung des mosaischen Gesetzes sei ganz verfehlt, alles sei nur geistig und allegorisch zu verstehen. So habe Gott keine blutigen Opfer gewollt, sondern nur die Reue des Herzens. Er wollte auch nicht die Beschneidung des Fleisches und ebenso wenig den Verzicht auf das Essen unreiner Tiere, sondern er habe nur die Beschneidung der Ohren und Herzen gewollt, damit sie sich für die Wahrheit öffnen, und die Enthaltung von den Sünden gefordert, die durch die unreinen Tiere symbolisiert waren.
Adler, Weihe und Rabe z. B. sollten diejenigen versinnbilden, die von Raub und Ungerechtigkeit leben. Die Juden seien durch den Trug eines bösen Engels verführt worden, so dass sie die Anweisungen wörtlich nahmen.
Der Brief ist allerdings ein frühes außerbiblisches Zeugnis für die Feier des Sonntags anstelle des Sabbats: „Deshalb begehen wir den achten Tag (= Sonntag) in Freude, an dem Jesus von den Toten auferstanden … ist“ (15,9).
Im 2. Teil des Briefs (Kap. 18–20) wird dann der „Weg des Lichts“ beschrieben: Er besteht in guten Werken, Reinheit des Wandels, aufrichtiger Gesinnung, Beherrschung der Zunge und Nächstenliebe.
Der Verfasser
Der Verfasser des Briefs kann unmöglich der Paulusbegleiter Barnabas sein, denn die schroffe Umdeutung des Alten Bundes und die Verwerfung der Beschneidung sowie der Opfer passt nicht zur Lehre des hl. Paulus. Wenn Paulus auch betont, dass die Einrichtungen des Alten Bundes vorläufig waren und sich dem Neuen Bund gegenüber wie schattenhafte Vorbilder gegenüber der Wirklichkeit verhielten, so erkannte er ihre Berechtigung und Bedeutung doch immer an.
Letztlich passt die Haltung des Briefes überhaupt nicht für einen Christen. Die Vertrautheit mit den jüdischen Einrichtungen legt nahe, dass der Verfasser aus dem Judentum zum Christentum übergetreten ist, und nun etwas übereifrig seine früheren Glaubensgenossen bekämpft. Die gehäufte allegorische Schrifterklärung könnte nach Alexandria weisen, wo diese Art der Schrifterklärung am meisten gepflegt wurde.
Der Brief ist sicher nach 70 n. Chr. geschrieben worden, denn er erwähnt, dass der Tempel zerstört wurde. „Jetzt aber wollen gerade die Diener der Feinde ihn wieder aufbauen“ (16,4). Manche beziehen das auf den Bau des Jupiter-Tempels in Jerusalem unter Hadrian, was ungefähr ins Jahr 130 führen würde. Franz Xaver Funk meinte dagegen, er sei unter Kaiser Nerva (96–98) geschrieben worden.