Zeugen der Urkirche - Clemens von Rom und Ignatius von Antiochien

Quelle: Distrikt Deutschland

Zeugen der Urkirche - Teil 2

Als apostolische Väter bezeichnet man diejenigen Kirchenväter, die noch Kontakt zur apostolischen Zeit hatten oder ihr jedenfalls sehr nahestanden. Es sind vor allem Clemens von Rom († ca. 101), Ignatius von Antiochien († ca. 109) und Polykarp von Smyrna († 156). In diese Zeit fallen auch noch die folgenden Schriften: der Hirte des Hermas, die Didache und der sogenannte Barnabasbrief.

Das Leben des Clemens von Rom

Nach dem Bericht des hl. Irenäus von Lyon (Adv. haer. III, 3,3) war Clemens nach Linus und Anaklet der dritte Nachfolger des hl. Petrus als Bischof von Rom. Er soll noch in Kontakt mit den Aposteln gestanden haben. Einige Nachrichten (Tertullian, De praescript. haer. 32) behaupten sogar, er sei von Petrus selbst geweiht worden. Nach Origenes, Eusebius von Cäsarea und Hieronymus soll er der in Phil 4,3 genannte Clemens gewesen sein. 

Eusebius berichtet in seiner Kirchengeschichte auch, dass Clemens die Kirche Roms neun Jahre lang, nämlich vom zwölften Jahr Domitians bis zum dritten Jahr Trajans geleitet haben, also von ca. 92-101 n. Chr.

Um sein Leben rankten sich schon früh Legenden. Nach den Clementinen – einem frühchristlichen Roman, in dem Clemens erzählt, was er als Begleiter des Petrus erlebt hat – soll er mit dem Kaiserhaus verwandt gewesen sein, was aber nicht glaubwürdig ist. Da Clemens mit dem AT sehr vertraut war, wie der erste Teil seines Briefs an die Korinther zeigt, könnte er sich aus dem Judentum zu Christus bekehrt haben. Das ist aber nur eine Vermutung.

Von einem Martyrium berichten die ältesten Zeugen nichts, sondern dafür finden sich erst gegen Ende des 4. Jh. Stimmen. Er wird jedenfalls am 23. November als Märtyrer gefeiert und auch im Kanon der hl. Messe genannt.

Nach den Märtyrerakten, die von ihm vorhanden sind, aber eben erst aus dem 4. Jh. stammen, soll er unter Trajan an den Chersones verbannt worden sein, weil er den Götzen nicht opfern wollte. In den dortigen Marmorbrüchen habe er 2000 Christen angetroffen, deren größte Qual es gewesen sein soll, dass sie das Wasser sechs Meilen weit auf den Schultern herbeitragen mussten. 

Clemens sei deshalb auf einen Berg gestiegen, um zu beten, und dort sei ihm ein Lamm erschienen, unter dem eine Quelle entsprang, die zum Fluss geworden sei. Wegen dieses Wunders habe sich die ganze Gegend zum Christentum bekehrt. Täglich seien mindestens 500 getauft worden und innerhalb eines Jahres 75 Kirchen entstanden, die heidnischen Götzenbilder und Tempel seien dagegen zerstört worden. Kaiser Trajan habe deshalb viele Christen hinrichten lassen und schließlich Clemens selbst mit einem Anker um den Hals ins Meer werfen lassen.

 Auf das Gebet der Christen hin sei dann aber das Meer drei Meilen weit zurückgewichen und habe einen Marmortempel freigegeben, in dem die Überreste des Clemens gewesen seien.

Der Brief an die Korinther

Von Clemens ist uns ein Brief an die Christengemeinde von Korinth überliefert, den er wahrscheinlich in den Jahren 96-98 geschrieben hat. Anlass waren Streitigkeiten in der dortigen Gemeinde. Einige hatten sich den kirchlichen Oberen widersetzt und sie sogar aus ihrem Amt vertrieben. Nur ein kleiner Teil der Gemeinde hielt zu den abgesetzten Presbytern, für die aber Clemens sofort Partei ergriff.

Im ersten Teil des Briefs erinnert Clemens an den guten Zustand der korinthischen Gemeinde vor dem Streit und tadelt die Eifersucht, deren Opfer schon Petrus und Paulus geworden waren. Dabei bezeugt Clemens auch, dass Paulus „bis in den äußersten Westen“ (5,7), also bis nach Spanien vorgedrungen ist. Es folgen viele Beispiele aus der Hl. Schrift für ein treues Leben aus dem Glauben. 

Clemens bezeugt die Wiederkunft Christi und seine Auferstehung, die das Vorbild für unsere Auferstehung ist. Dabei wird kurioserweise auch der Vogel Phönix als Beleg der Auferstehung angeführt (Kap. 25). Clemens hielt diese Legende offenbar für echt. Auch die Inspiration der Hl. Schrift durch den Heiligen Geist wird bezeugt: „Die heiligen Schriften, die vom Heiligen Geist eingegebenen, habt ihr genau durchforscht“ (45,2).

Der Streit in der Gemeinde wird erst im 2. Hauptteil ab Kap. 37 behandelt: Gott selbst, der Schöpfer der Ordnung in der Natur, verlangt auch von den Menschen Ordnung und Unterordnung. Von Christus wurden die Apostel, von diesen wieder Bischöfe und Diakone eingesetzt. Clemens spricht von epískopoi und diákonoi, die aber manchmal auch als presbýteroi (44,5; 57,1) zusammengefasst werden. 

Der Sprachgebrauch entspricht also noch dem des NT, in dem die präzise Unterscheidung von Bischöfen und Priestern noch nicht zu finden ist. Diese Amtsträger dürfen von der Gemeinde nicht abgesetzt werden, weil sie ihre Vollmacht nicht von der Gemeinde, sondern von den Aposteln empfangen haben und damit mittelbar von Christus. Es sind also keineswegs basisdemokratische Amtsvorstellungen, die Clemens hat. Als wichtigste Aufgabe der Bischöfe wird die Darbringung von Opfern genannt: „Es wird für uns keine kleine Sünde sein, wenn wir Männer, die tadellos und heiligmäßig ihre Opfer dargebracht haben, aus ihrem Bischofsamt vertreiben“ (44,4). Dies dürfte einer der frühesten Hinweise in der Tradition auf den Opfercharakter der Messe sein.

Clemens mahnt, dass anstelle des Zwists die Liebe treten soll, die Verzeihung erwirkt. Die Urheber des Streits sollen Buße tun. Es handelt sich hier gewissermaßen um das älteste Pastoralschreiben.

Der Brief ist ein wichtiges Zeugnis für das hohe Ansehen, das die römische Kirche schon am Ende des 1. Jh. bei den übrigen Kirchen hatte. Die Autorität, mit der Clemens hier in die Anliegen einer anderen Ortskirche eingreift, ist ein erstes Zeugnis für den römischen Primat. Der Brief hatte im Altertum ein solches Ansehen, dass er nicht nur in Korinth, sondern auch in anderen griechischen Gemeinden im Gottesdienst vorgelesen wurde. Manchen galt er sogar als zum Kanon der Hl. Schrift gehörig.

Das Leben des Ignatius von Antiochien

Ignatius nennt sich am Beginn seiner Briefe „Ignatius, der auch Theophorus heißt“. Ignatius leitet sich von ignis = Feuer her, was gut passt, denn in seinen Briefen offenbart sich, dass Ignatius wirklich eine Feuerseele war. Den zweiten Namen Gottesträger hat er vielleicht bei seiner Taufe angenommen. Nach einer Legende, die allerdings erst im 9./10. Jh. berichtet wird, soll er das Kind gewesen sein, das Christus beim Rangstreit der Jünger in die Mitte stellte, indem er sagte: „Wer sich erniedrigt wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich“ (Mt 18,4).

Er hat sicher noch mit dem einen oder anderen Apostel in persönlichem Verkehr gestanden, und viele vermuten, er sei ein Schüler des Apostels Johannes gewesen. Ansonsten wissen wir nichts Bestimmtes aus seinem Leben, außer dass er nach Evodius († 69 n. Chr.) der zweite Nachfolger Petri auf dem Bischofsstuhl von Antiochien war.

Ignatius wurde wegen seines christlichen Glaubens verhaftet und unter militärischer Bewachung von Antiochien nach Rom gebracht, um dort den wilden Tieren vorgeworfen zu werden.

Die Briefe

Auf seinem Weg nach Rom schrieb Ignatius sieben Briefe, und zwar an die Gemeinden von Ephesus, Magnesia, Tralles, Rom, Philadelphia und Smyrna sowie an Bischof Polykarp von Smyrna.

Am Beginn des Römerbriefs bezeichnet Ignatius die römische Kirche als diejenige, „die den Vorsitz führt am Ort des römischen Bezirkes“ und als „die Vorsteherin des Liebesbundes“, was beides auf den Vorrang der römischen Kirche vor den anderen hinweist.

Die Briefe sind auch das erste Zeugnis für die dreigliedrige Hierarchie in den Gemeinden. Ganz selbstverständlich wird hier vorausgesetzt, dass in jeder Gemeinde ein Bischof an der Spitze steht, der von Priestern und Diakonen umgeben ist. So heißt es:

„Befleißigt euch, alles zu tun in der Eintracht Gottes, da der Bischof den Vorsitz führt an Stelle Gottes, die Presbyter an Stelle des Apostelkollegiums, und die Diakone, die ich gar sehr liebe, mit dem Dienste Jesu Christi betraut sind“ (Magnesier 6,1)

„Alle sollt ihr dem Bischof gehorchen wie Jesus Christus dem Vater, und auch dem Presbyterium wie den Aposteln; die Diakone aber ehret wie Gottes Anordnung. Keiner tue ohne den Bischof etwas, das die Kirche angeht. Nur jene Eucharistie gelte als die gesetzmäßige, die unter dem Bischof vollzogen wird oder durch den von ihm Beauftragten“ (Smyrnäer 8,1).

„Bemüht euch, nur eine Eucharistie zu feiern; denn es ist nur ein Fleisch unseres Herrn Jesu Christi und nur ein Kelch zur Einigung mit seinem Blut, nur ein Altar, wie nur ein Bischof ist in Verbindung mit dem Presbyterium und den Diakonen, meinen Mitknechten, auf dass, was immer ihr tut, ihr tut gemäß dem Willen Gottes“ (Philadelph. 4).

Daraus geht auch hervor, dass es in einer Gemeinde normalerweise nur die Messe des Bischofs gab, der sich allerdings vertreten lassen konnte. In Smyrn. 8 wird auch der Ausdruck „katholische Kirche“ erstmals für die Gesamtheit der Gläubigen verwendet: „Wo immer der Bischof sich zeigt, da sei auch das Volk, so wie da, wo Jesus Christus ist, auch die katholische Kirche ist.“

Im Römerbrief bringt Ignatius seine Sehnsucht nach dem Martyrium zum Ausdruck. Er bittet die römischen Christen, keinesfalls etwas zu unternehmen, um ihm die Begnadigung zu erlangen:

„Lasst mich eine Speise der wilden Tiere werden; durch sie ist es mir möglich, zu Gott zu kommen. Brotkorn Gottes bin ich, und durch die Zähne der Tiere werde ich gemahlen, damit ich als reines Brot Christi erfunden werde“ (4,1).

„Jetzt fange ich an, ein Jünger zu sein. Nichts möge sich um mich bemühen von dem Sichtbaren noch von dem Unsichtbaren, damit ich zu Jesus Christus gelange. Feuer, Kreuz, Kämpfe mit wilden Tieren, Zerschneidungen, Zerteilungen, Zerschlagen der Gebeine, Verzerrung der Glieder, Zermalmung des ganzen Körpers, des Teufels böse Plagen sollen über mich kommen, nur damit ich zu Jesus Christus gelange“ (5,3).

Dieser Wunsch ging ihm in Erfüllung. Hieronymus gibt dafür (De vir. ill. 16) das 11. Jahr Trajans an, was dem Jahr 109 n. Chr. entspräche. Die Kirche feiert sein Fest am 1. Februar. Auch er wird im Kanon der Messe genannt, und zwar in der zweiten Heiligenliste.