Vorbereitung auf, nicht Vorwegnahme von Weihnachten
«Tauet Himmel den Gerechten, Wolken regnet ihn herab»
Für den Einzelhandel und für Kinder ist er die schönste Zeit des Jahres. Doch mit all dem Trubel um Geschenke, Leckereien sowie Firmen- und Vereinsfeiern kommt der Advent lauter daher als er sollte – obwohl auch das irgendwie dazugehört. Doch wohlverstanden kann aus den Wochen, die die Ankunft Christi vorbereiten, auch eine Zeit des persönlichen Neustarts werden.
Die stade Zeit
Der Münchner Komiker Karl Valentin pflegte zu spotten, dass es „nach der staden Zeit dann auch wieder ruhiger wird“. Weihnachten und alles, was damit zu tun hatte, war also auch vor rund einem Jahrhundert oft schon eher stressig als besinnlich. Denkt man aber an die eigene Kindheit zurück, dann bleibt vor allem der Zauber dieser Wochen freudiger Erwartung auf Weihnachten in Erinnerung. Wesentlich hierfür sind die vielen Bräuche und Besonderheiten dieser Zeit, die weit über die jährliche Firmenweihnachtsfeier hinausgehen.
Plätzchen, Bratapfel und Punsch gehören natürlich auch dazu. Als kulinarisches Gebet kann man übrigens den sogenannten Christstollen bezeichnen. Denn früher wurde die Herstellung anhand von Gebeten beschrieben, die während dem Rühren und Hinzufügen von Mehl etc. zu verrichten waren.
Für jede gute Tat ein Strohhalm...
Die vier Adventssonntage mit ihren jeweils eigenen Themen (die Wiederkunft Jesu, Johannes der Täufer als Prophet, Freude im Herrn allezeit und die jungfräuliche Gottesmutter) bilden den Rahmen. Hinzu kommen volkstümliche Bräuche wie der Adventskalender, der ab Mitte des 19. Jahrhunderts aufkam, der Adventskranz, das Adventssingen als äußere Zeichen. Viele Familien stellen mit dem ersten Advent auch eine Weihnachtskrippe auf. Diese Darstellungsform geht (in der Form des Krippenspiels) auf den hl. Franziskus zurück und fand (als Kleinkrippe) über Italien und verstärkt durch die Jesuiten über die Jahrhunderte Eingang in die Alltagskultur der Adventszeit. Dabei wird die Geburtsszene im Stall zu Bethlehem mit Maria und Josef, den Heiligen Drei Königen, Engeln und Hirten sowie diversen Tieren, zumeist Ochs und Esel, dargestellt. Das Jesuskind wird traditionell erst an Heiligabend in die Krippe gelegt. Ein ebenso schöner wie selten gewordener Brauch ist es, dass die Krippe zunächst ohne Stroh ist. Für jede gute Tat legen die Kinder dann täglich einen Halm hinein. So füllt sich (hoffentlich) die Krippe nach und nach und wird auch ein Zeichen des Ringens um einen guten Lebenswandel.
Der Christbaum – ursprünglich aus den protestantischen Gebieten kommend – wurde traditionell in den Familien erst am Ende der Adventszeit, am 24. Dezember, geschmückt und stand dann bis zum Ende der anschließenden Weihnachtszeit (Mariä Lichtmess am 2. Februar), die genau 40 Tage dauert, im Mittelpunkt der Familien.
Zentral für einen guten Advent sind aber nicht so sehr die äußerlichen Dinge, sondern ein Bemühen um innere Umkehr und die Besinnung auf die himmlischen Dinge. Der hl. Papst Pius X. mahnt in seinem Katechismus (Kompendium):
Die Kirche stellt uns im Advent vier Dinge zur Betrachtung vor:
- Die Verheißungen Gottes, uns zu unserem Heil den Messias zu senden
- Die Sehnsucht der Väter des Alten Bundes, mit der sie sein Kommen herbeisehnten
- Die Predigt des heiligen Johannes des Täufers, der das Volk ermahnte, Buße zu tun, um es darauf vorzubereiten, den Messias aufzunehmen
- Das letzte Kommen Jesu Christi in seiner Herrlichkeit, um die Lebendigen und die Toten zu richten.
Unterstützen ließe sich diese Zeit der Betrachtung beispielsweise auch, indem man täglich etwas in der Heiligen Schrift liest. Beim Propheten Isaias oder in den Psalmen können wir – wie das auserwählte Volk damals – der Ankunft des Erlösers nachspüren.
Gute Bücher helfen beim Betrachten.
Herkunft und Geist des Advents
Der Advent (vom Lateinischen: adventus, Ankunft) soll uns einerseits an die reale Ankunft des Herrn durch die jungfräuliche Geburt aus Maria, der Mutter Gottes, vor rund 2.000 Jahren erinnern. Andererseits aber auch an seine noch ausstehende, endgültige Ankunft zum Gericht, die jeder Christ erhofft und worauf es vorbereitet zu sein gilt.
Den Sinn des Advents gibt daher das Evangelium am ersten Adventssonntag besonders deutlich zu verstehen: „Erhebet eure Häupter, denn es naht eure Erlösung.“ Gerade in den frühen Jahrhunderten des Christentums war die Hoffnung auf eine baldige Wiederkehr des Herrn besonders stark. Der Advent spielte daher bereits während dieser Ausprägung des Kirchenjahres eine herausragende Rolle, unterschied sich aber in einigen Punkten noch von unserem heutigen Advent.
Fasten auf das Fest der Geburt Christi?
Das ist eine Tradition, die sich bis zu Beginn des 20. Jahrhundert hielt, seither vom Kirchenrecht jedoch nicht mehr gefordert wird.
An der liturgischen Farbe Violett lässt sich dieser Hintergrund aber weiterhin erkennen. Während dieser Zeit entfällt auch das freudige Gloria. Erst zum dritten Adventssonntag, dem Sonntag Gaudete, trägt der Priester ein rosafarbenes Messgewand, die Altäre sind dann wieder mit Blumen geschmückt. In manchen Familien ist es Tradition, am dritten Adventssonntag auf dem Adventskranz keine rote, sondern eine rosafarbene Kerze zu entzünden.
Übrigens: Der Adventskranz hat eigentlich keine katholische Tradition, sondern breitete sich im 19. Jahrhundert zunächst im protestantischen Norden Deutschlands aus und erst später im katholischen Süden. In anderen Ländern kennt man ihn kaum.
Bis zur Zeit Papst Gregors des Großen (+604) wurde der Advent über sechs Wochen lang begangen.
Bis heute ist das in einzelnen Diözesen der Fall, beispielsweise im Erzbistum Mailand. Er reduzierte ihn jedoch allgemein auf vier Wochen. Mit dem ersten Adventssonntag beginnt auch das Kirchenjahr, das uns an das Leben und Leiden unseres Herrn Jesus Christus, aber auch an die Heiligen erinnern soll. Idealerweise wird die Zeit des Advents vom innigen Wunsch nach der Wiederkehr Jesu Christi getragen, aber auch vom Geist der Buße, wie er von Johannes dem Täufer dargestellt wird:
„Tut Buße, das Himmelreich ist nahe!“
In dem schon erwähnten Kompendium der christlichen Lehre verdeutlicht der Hl. Papst Pius X., was wir im Advent tun sollen, um uns mit den Intentionen der Kirche zu vereinigen:
Er benennt dafür diese fünf Dinge:
- Mit lebendigem Glauben und glühender Liebe die große Wohltat der Menschwerdung des Gottessohnes betrachten
- Unser Elend erkennen und wie überaus notwendig wir Jesus Christus brauchen
- Ihn inständig bitten, daß er komme und geistig mit seiner Gnade in uns geboren werde und wachse
- Ihm den Weg bereiten durch Werke der Buße und besonders durch den häufigen Empfang der heiligen Sakramente
- Öfters an sein letztes furchtbares Kommen denken und im Hinblick darauf unser Leben seinem heiligsten Leben angleichen, damit wir mit ihm an seiner Herrlichkeit teilnehmen können.
Ganz sicher sollte spätestens am Ende der Adventszeit vor Weihnachten auch eine gute Beichte stehen. Pater Franz Schmidberger gibt hierfür in seinem Büchlein „Das Sakrament der Beichte“ eine gute Hinführung, aber auch andere Beichtspiegel können zur Vorbereitung dienen.
Die Rorate-Messen
Die Adventszeit ist aber auch eine Zeit der besonderen Nähe zur Muttergottes, der unter anderem zum Quatember-Mittwoch und Quatember-Freitag besonders gedacht wird.
Auch die an vielen Orten in der Adventszeit üblichen Roratemessen (im alpenländischen Raum aufgrund der Lesung der Verkündigung durch den Erzengel Gabriel auch oft als Engelmessen oder als Engelamt bezeichnet) ehren als Votivmessen in besonderer Form die Muttergottes. Diese Messen im Kerzenschein finden in der Regel frühmorgens noch vor Sonnenaufgang oder an manchen Orten auch nach Sonnenuntergang statt.
Der Ursprung der Roratemessen reicht weit zurück. Vermutlich wurden schon kurz nach der Ausbildung der Adventsliturgie die ersten Rorate-Ämter gefeiert. Ursprünglich wurden diese Messen an den Adventssamstagen gefeiert, waren unter den Gläubigen aber so beliebt, dass sie sich auch an Wochentagen durchsetzten. Wäre es nicht ein schöner Vorsatz, an diesen besonders schönen Messen häufig teilzunehmen, vielleicht auch Freunde oder die Familie mitzunehmen?
Heiligenverehrung
Das Kirchenjahr an sich soll uns das Beispiel der Heiligen immer wieder vor Augen führen. Im Advent geschieht das auf eine ganz besondere Art. Zentral sind hierbei natürlich Maria und Josef, aber auch Johannes der Täufer, dessen am 2. und 3. Adventssonntag gedacht wird.
Hinzu kommen aber auch der hl. Nikolaus, der mit seinen Gaben belohnt und mancherorts mit seinem Begleiter Krampus oder Knecht Ruprecht auch zu gutem Verhalten mahnt.
Barbarazweige blühen verheißungsvoll zur Heiligen Nacht
Mit dem Gedenken an die hl. Barabara und den Barbarazweigen, die bis Heiligabend aufgestellt werden, findet eine besondere Erinnerung an diese Heilige statt. Aber auch die mancherorts übliche Lucia-Feier oder der Thomastag haben eine große Tradition. Die Gottesmutter wird im Advent nicht nur durch das Immaculata-Hochfest geehrt, sondern z.B. auch durch das Loretofest (10.12).
Die Adventszeit bietet mit diesen und weit mehr Elementen eine schöne Gelegenheit, den Glauben und die Nächstenliebe intensiver zu leben, sich der Lebenswirklichkeiten zu besinnen und sich dem Herrn stärker zuzuwenden.
Die vielen schönen Traditionen unterstützen das und sind ein reicher kultureller Schatz, den es zu hüten gilt.
Beichtspiegel von Pater Franz Schmidberger
Vorliegendes vereinfachte Heftchen soll das «verlorene Sakrament» (Prof. D. Georg May) wieder in Erinnerung rufen und den ernsthaften Betrachter zu einer guten Beichte hinführen.