Eine Revolution der Lehre unter pastoraler Maske

Quelle: Distrikt Deutschland

Am Montag, den 13. Oktober 2014 veröffentlichte der Generalrelator der ausserordentlichen Bischofssynode über die Familie, Kardinal Peter Erdö (unser Bild), Primas von Ungarn, einen Zwischenbericht, der eine Vorstellung von dem Tenor der Debatten hinter den verschlossenen Türen der vergangenen Woche und vom weiteren Fortgang gibt.

Was der Leser auf den ersten Seiten in diesem Bericht findet sind die skandalösen Äußerungen des progressiven Kardinals Walter Kasper, die er in einem Interview mit dem Journalisten Andrea Tornielli am 18. September gemacht hat, also vor fast einem Monat. Als ob alles schon vorausgesehen war.... Urteilen Sie selbst:

Kardinal Kasper, 18. September [Übersetzung der Redaktion]: »Die Lehre der Kirche ist nicht ein geschlossenes System: Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt uns, dass es eine Entwicklung in Richtung einer Bereicherung gibt. Ich frage mich, ob ein tieferes Verständnis, ähnlich dem, was wir in der Ekklesiologie gesehen haben, in diesem Fall möglich ist [d.h. im Fall der geschiedenen Katholiken, die zivil wieder geheiratet haben - Anmerkung der Redaktion]: Obwohl die katholische Kirche die wahre Kirche Christi ist, gibt es Elemente von Kirchlichkeit über die institutionellen Grenzen der Kirche hinaus. Könnten nicht einige Elemente der sakramentalen Ehe auch in der Zivilehe in bestimmten Fällen anerkannt werden? Zum Beispiel, ein lebenslanges Engagement, gegenseitiger Liebe und Fürsorge, ein christliches Leben und eine öffentliche Verpflichtungserklärung, die in bürgerlichen Ehen nicht existieren.«

Kardinal Erdö, 13. Oktober: »Ein signifikanter hermeneutische Schlüssel findet sich in der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils, die, obwohl es behauptet, ‚dass die eine Kirche Christi in der katholischen Kirche subsistiert, auch erklärt, dass „auserhalb ihres Gefüges vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit zu finden sind, die als der Kirche Christi eigene Gaben auf die katholische Einheit hindrängen“ (Lumen gentium, 8) In diesem Licht muss der Wert und die Konsistenz der natürlichen Ehe zunächst hervorgehoben werden. Einige fragen sich, ob die sakramentale Fülle der Ehe nicht die Möglichkeit der Anerkennung positive Elemente auch in den unvollkommenen Formen ermöglicht, die ausserhalb dieser Situation gefunden werden kann, die jedoch gleichwohl in Bezug auf diese bestehen. Die Lehre von den Ebenen der Gemeinschaft, der durch das Zweite Vatikanische Konzil formuliert wurde, bestätigt die Idee einer strukturierten Weise der Teilnahme von getauften Personen am Mysterium Ecclesiae. In der gleichen Perspektive, die wir als inklusiv beschreiben können, macht es das Konzil möglich, die in anderen Religionen (vgl. Nostra Aetate, 2) und Kulturen gegenwärtigen Elemente zu schätzen, trotz ihrer Grenzen und ihre Unzulänglichkeiten (vgl. Redemptoris missio, 55).« [Zwischenbericht, Nr. 17-19].

In einem Interview, das Bischof Bernard Fellay, Generaloberer der Priesterbruderschaft St. Pius X, DICI am 3. Oktober gewährte, zeigt er die unhaltbare Argumentation von Kardinal Kasper auf: »Er schlägt eine pastorale Anwendung der neuen Prinzipien auf die Ehe vor, Prinzipien über die Kirche, wie sie auf dem Konzil im Namen des Ökumenismus geäußerten wurden: Es gibt Elemente der Kirchlichkeit außerhalb der Kirche. Logischerweise geht er vom kirchlichen Ökumenismus auf den Ökumenismus in der Ehe über: Es gäbe ihm gemäß Elemente der christlichen Ehe auch außerhalb des Sakraments. Um die Dinge zu veranschaulichen, fragen Sie doch einmal die Eheleute, was sie von einer ehelichen „ökumenischen“ Treue oder von der Treue in der Verschiedenheit denken!«

In der Ausgabe von Il Foglio vom 15. März 2014 antwortet der Erzbischof von Bologna, Kardinal Carlo Caffarra, auf die Vorschläge von Kardinal Kasper für die Kommunion an Geschiedene und bürgerlich Wiederverheiratete während des Konsistoriums vom 20. Februar dieses Jahres: »Deshalb gibt es so etwas wie eine außereheliche menschlichen Sexualität, die die Kirche als legitim betrachtet. Aber das negiert den zentralen Pfeiler der kirchlichen Lehre über die Sexualität. An diesem Punkt könnte jemand fragen, warum befürwortet sie nicht die wilde Ehe? Oder homosexuelle Lebensgemeinschaften?«

Der Bericht von Kardinal Erdö öffnet angeblich „pastoralen“ Perspektiven in zwei Richtungen: »Eine neue Dimension der heutigen Pastoraltheologie besteht in einem Verständnis auch für die positive Realität der bürgerlichen Ehe und der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, unter Berücksichtigung der Unterschiede…. Weiterhin ist es möglich, in solchen bürgerlichen Ehen authentische Werte der Familie wahrzunehmen und sie ihnen zumindest zu wünschen. Die Seelsorge sollte immer bei diesen positiven Aspekten beginnen.... Homosexuelle haben der christlichen Gemeinschaft Geschenke und Qualitäten zu bieten: sind wir in der Lage, diese Menschen zu begrüßen und ihnen einen brüderlichen Raum in unseren Gemeinden zu garantieren? Oft wünschen sie, dass die Kirche ihnen ein willkommenes Zuhause bietet. Sind unsere Gemeinden in der Lage, ihnen dies zu bieten, ihre sexuelle Orientierung akzeptierend und schätzend [italienisch: „accettando e valutando“], ohne Kompromisse bei der katholischen Lehre über die Familie und die Ehe zu machen?« [Zwischenbericht Nr. 36, 38, 50].

Diese Sätze, die angeblich behaupten nur pastoral zu sein, ohne lehrmäßige Implikationen, genauso wie das Zweite Vatikanische Konzil, werden die Grundlage für die Debatte der Mitglieder der ausserordentlichen Synode in dieser Woche und in allen Diözesen während des Jahres 2014/2015 sein – vor dem abschließenden Treffen der ordentlichen Bischofssynode im Oktober 2015. Aber schon durch die Auslassungen der Kardinäle Kasper und Erdö können wir feststellen, dass, wie das Zweite Vatikanische Konzil den Ökumenismus mit dem Begriff der mehr oder weniger vollkommenen Gemeinschaft einführte, die Synodenleitung daran arbeitet, eine ökumenische Ehe mit einem aus Elementen zusammengesetzten Konzept der Unauflöslichkeit vorzuschlagen, was in der „Pastoral“ so viel bedeutet wie mehr oder weniger auflösbar.

Am 3. Oktober sagte Bischof Fellay: »Wir beschuldigen das Konzil diese künstliche Unterscheidung zwischen Lehre und pastoraler Praxis gemacht zu haben, weil die pastorale Praxis aus der Lehre folgen muss. Durch mehrere pastorale Zugeständnisse wurden wesentliche Änderungen in der Kirche eingeführt und ihre Lehre wurde beeinflusst. Dies ist, was während und nach dem Konzil geschehen ist. Und wir verurteilen die gleiche Strategie, die heute gegen die Ehemoral angewendet wird.«

Quelle: DICI.org