Der Rosenkranz in der Familie - Interview mit einem Familienvater

Ein Gespräch mit Herrn Louis-Pierre Laroche
Lieber Herr Laroche, Sie haben die Initiative „Österreich betet“ ins Leben gerufen. Welche Bedeutung hat der Rosenkranz für Sie?
Ich komme ursprünglich aus der Gegend, in der der hl. Ludwig Maria Grignion de Montfort gewirkt hat. Der Rosenkranz ist dort auch 200 Jahre später noch stark in den Familien verwurzelt. Ich hatte also die große Gnade, in einer Familie aufzuwachsen, in der wir täglich gemeinsam den Rosenkranz gebetet haben. Für mich ist er so zu einem festen Teil meines Lebens geworden. So wie es den Sonntag gibt, an dem wir uns erholen können, so ist der Rosenkranz für mich eine schöne Pause, die es ermöglicht, ein wenig Abstand vom Tag zu nehmen und zur Ruhe zu kommen. Ich habe die Initiative „Österreich betet“ in der Hoffnung gegründet, dass dieser wöchentliche Termin für viele zum festen Bestandteil der Woche wird. Und siehe da, genauso ist es geschehen. Auch drei Jahre später treffen sich an vielen Orten mittwochs Menschen, um gemeinsam den Rosenkranz zu beten – längst nicht mehr nur in Österreich, sondern auch in Deutschland, Frankreich, sogar den USA!
Sie beten den Rosenkranz auch in der Familie. Wie läuft das ab?
Das allerwichtigste sind feste Gebetszeiten, nach denen sich jeder richten kann. Wir treffen uns jeden Abend etwa zehn Minuten nach dem Abendessen. Die größeren Kinder haben dann noch Zeit, den Tisch abzuräumen und die kleineren können schon mal Zähne putzen. Und dann gehört es für uns zur festen Tagesordnung, gemeinsam den Rosenkranz zu beten. Außer am Sonntag, da beten wir den Rosenkranz auf der Fahrt zur Kirche. Am Abend singen wir stattdessen die Komplet. Damit haben wir angefangen, als unser Ältester neun Jahre alt war.
Bei elf Kindern ist das vermutlich gar nicht mal so einfach?
Unsere Kinder sind damit aufgewachsen, so wie ich damit aufgewachsen bin. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich den ersten Rosenkranz gebetet habe. Meine Eltern haben mit den älteren Geschwistern den Rosenkranz gebetet. Ich habe erstmal nur kurz mitgebetet und mir dann leise, aber im gleichen Raum, Bücher angeschaut oder gespielt. Und immer zum Geburtstag haben meine Eltern dann gesagt: “So, nun bist du schon größer, jetzt kannst du ein Gesätz mehr beten.“ Nach und nach habe ich dann mehr mitbeten dürfen und bin schließlich ganz reingewachsen. Zur Erstkommunion konnten wir alle den Rosenkranz komplett mit-, aber auch vorbeten. Genauso haben meine Frau und ich es mit unseren Kindern gemacht. Zunächst haben wir den Rosenkranz zu zweit gebetet, dann kam unser Ältester hinzu und dann die folgenden Kinder. Sie sind genauso reingewachsen wie ich früher. Es ist einfach selbstverständlich, wie die gemeinsamen Mahlzeiten. Wir hatten daher auch hier die große Gnade, dass es bislang nie Schwierigkeiten wegen des Rosenkranzes gab.
Das läuft alles wie von selbst?
Die allergrößte Energie müssen Sie bei sich selbst aufwenden: Sie müssen selbstdiszipliniert sein und jeden Tag zur gleichen Zeit mit der Familie den Rosenkranz beten. Dann tun die Kinder schon mit. Je früher man damit beginnt, desto leichter wird es sein. Bei den Kindern geht es dann vor allem darum, dass sie gut mitbeten und schön knien. Das ist auch wichtig! Wenn Sie zum Bundeskanzler gehen, nehmen Sie auch eine gute Haltung ein! Und hier besuchen wir unsere himmlische Mutter! Ich bete meistens hinter der Familie. Wenn ich sehe, dass einer zerstreut ist, klatsche ich nur leise. Der weiß dann schon, dass er sich wieder konzentrieren muss. Aus unserer Sicht sollte es auch nicht allzu lange dauern. Wir hängen also nicht noch ewig viele Gebete an. Lieber nur den Rosenkranz und dafür regelmäßig. Das gilt übrigens auch für den öffentlichen Rosenkranz von „Österreich betet“.
Wie können Familien den Rosenkranz in den Alltag integrieren, die nicht damit aufgewachsen sind?
Man darf es gewiss nicht erzwingen. Man muss es wachsen lassen, einen festen Zeitpunkt finden und langsam anfangen. Erstmal die Eltern, dann lädt man die Kinder ein. Nach und nach, erstmal ein Gesätz zusammen, dann immer mehr. Der Rosenkranz ist eine gewisse Hingabe, wir grüßen unsere himmlische Mutter etwa zwanzig Minuten. Man gewöhnt sich schnell daran und die Gnade hilft. Das heißt, wenn man diesen Kontakt pflegt, dann wächst es auch. Es ist auch ein Akt der Nächstenliebe und des Anstandes unserer Lieben Frau gegenüber. Heißt es nicht über den hl. Johannes „und von diesem Zeitpunkt an nahm sie der Jünger zu sich?“ Es ist somit keine Pflicht oder ein Muss – denn dann bereitet es auch den Erwachsenen keine Freude. Wir müssen es als Akt der Liebe zu unserer Lieben Frau betrachten, dann bereitet es auch Freude. Dann sollte auch das Ziel klar sein: man will zum ganzen Rosenkranz. Aber es gibt keine Eile. Lieber langsam anfangen und dann in drei, vier Jahren den ganzen Rosenkranz beten, als sofort alles zu wollen und dann auf halber Strecke aufgeben. Bei schwierigen Jugendlichen muss man auch mal großzügig sein. Man sollte eher dazu motivieren. Es ist doch auch für Erwachsene oft schwierig, mit dem Gebet anzufangen. Es gehört also vor allem Selbstdisziplin dazu. Wenn die Eltern es vorleben, ist die Chance größer, dass die Kinder mitmachen. Wenn es zur Gewohnheit wird, dann werden die Kinder auch eher keine Widerworte geben. Mit anderen Worten: Ich denke, man kann den Rosenkranz mit viel Liebe, Geduld und indem man ein gutes Vorbild ist, auch später in den Familienalltag integrieren.
Was sind die Herausforderungen, wenn man in der Familie den Rosenkranz beten möchte?
Es gehört sicher zur elterlichen Pflicht zu sehen, dass die Kinder schön und nicht zerstreut beten. Da sollte man sanft, aber bestimmt eingreifen. Oft wollen die Kinder auch mehr machen, aber das heißt nicht, dass es auch die nächsten Tage so ist. Die Kinder haben eine kleine Verpflichtung, aber die sollte dann auch erfüllt werden. Diejenigen, die ihre Pflichten erfüllt haben, können dann leise spielen, erleben aber den Rosenkranz mit. Auch hier sollte man nicht ungeduldig sein.
Gibt es vielleicht auch ganz besondere Momente, die mit dem gemeinsamen Rosenkranz verbunden sind?
Wir haben elf Kinder. Sie können sich vorstellen, wenn 13 Leute zusammenleben, dann ist immer ziemlich viel los. Der Rosenkranz bringt die Familie wieder zusammen, schafft auch wieder Frieden, wenn Kinder bockig sind oder es Streit gab. Für diese Zeit kehrt echte Ruhe ein. Es gibt ein schönes Gefühl der Zusammengehörigkeit. Hinzu kommt das Gebetsanliegen: nicht jeden Tag, aber regelmäßig kann man für eine gewisse Person aus der Familie oder der Bekanntschaft, oder für eine bestimmte Gruppe den Rosenkranz aufopfern: z.B. am Priesterdonnerstag für die Priester, die uns betreuen. An einem Geburtstag für das Geburtstagskind. Am Tage einer Erstkommunion für die Erstkommunikanten. Am Tage einer Eheschließung, für das Brautpaar, usw. Der Familienrosenkranz wird dadurch zu einer gesellschaftlichen Angelegenheit, man spricht ja von der „Gemeinschaft der Heiligen“, und ich glaube, es ermuntert auch alle, eifriger zu beten.
Warum würden Sie auch anderen Familien empfehlen, den Rosenkranz gemeinsam zu beten? Gibt es vielleicht einen konkreten Nutzen?
Der Rosenkranz ist ein Akt der Selbstlosigkeit und der Liebe unserer himmlischen Mutter gegenüber. Wenn wir danach fragen, was er uns bringt, dann sind wir eigentlich schon wieder in einem gewissen Egoismus. Aber natürlich bekommen wir auch etwas zurück, wenn wir das Gebet pflegen. Meine Frau und ich sind bald 30 Jahre verheiratet. Nicht, dass es nie schwere Situationen gab, in Gesundheit, Beruf, Beziehung. Aber es war nie sehr gravierend und ich glaube, der Rosenkranz hat immer die Wogen geglättet. Durch das regelmäßige Gebet gewinnt man ein absolutes Vertrauen. Das heißt, man ist den Dingen gegenüber, die kommen werden, furchtlos. Gott und seine himmlische Mutter tragen uns durch das Leben, egal was passiert. Wir erleben diesen Schutz jeden Tag. Und ich denke, dass unsere Kinder das auch sehen. Aber nicht verwechseln: Das Gebet verspricht uns nicht unbedingt irdisches Glück, sondern himmlisches Glück. Es heißt nicht, dass wir auf Erden nie Schwierigkeiten bekommen. Auf Erden heißt es aber, dass Gott und unsere himmlische Mutter uns immer in der Prüfung tragen.
Auch gewinnt man mit dem Rosenkranz eine gewisse Ruhe und Sicherheit im alltäglichen Leben aber auch wenn man etwas Ungewöhnliches und womöglich Polarisierendes oder Kühnes unternehmen soll, das man aber als eine christliche Pflicht betrachtet. Da wird die Hilfe des Himmels handgreiflich. Das habe ich u.a. mit „Österreich betet“ erlebt aber auch vorher, als es 2020 in der Coronazeit darum ging, bei der österreichischen Regierung die Freiheit des heiligen Kultes zu fordern.
Wenn wir die Augen offenhalten, sehen wir ganz viele Früchte des Gebets. In einer entchristlichten Gesellschaft ist es ja fast schon ein Wunder, wenn Familien zusammenhalten und Kinder gut erzogen werden. Das gemeinsame Gebet fördert das. Neulich kam ein Gruppenleiter der Rosenkranzinitiative auf mich zu und meinte, sie würden schon seit drei Jahren beten und es sei noch nicht viel geschehen. Gleichzeitig hat er mir erzählt, dass ein Agnostiker seit drei Jahren regelmäßig mitbetet – und da wartet der noch auf die Früchte des Gebets!
Haben Sie Vorbilder im Gebet?
Den hl. Bernhard von Clairvaux zum Beispiel oder auch Pater Petrus Pavlicek, der nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft in Österreich einen Rosenkranzkreuzzug eingeleitet hat. Er war das Vorbild für die Initiative „Österreich betet“. Ich hatte auch in meiner Jugend als Erzieher den Pater Jean Reynaud, einen alten Jugendseelsorger, der in Frankreich in den 80er Jahren den Rosenkranzkreuzung in der Tradition wiederbelebt hat.
Haben Sie weitere Tipps für das Gebet in der Familie?
Vor allem dranbleiben. Und das gilt auch für die jungen Leute, wenn sie das Elternhaus verlassen und auf eigenen Beinen stehen. Sie sollten täglich den Rosenkranz beten. Erst allein, dann mit dem Ehepartner und schließlich gemeinsam mit den Kindern. Am besten betet man schon vor der Ehe bei Treffen gemeinsam den Rosenkranz. Es ist auch hier wie so oft im Leben: Dass es richtig und gut war, den Rosenkranz täglich zu beten, das erkennt man vielleicht erst viel später in voller Gänze. Aber dass es das ist, das kann ich jedem versichern.