Das Bekenntnis zur Gottheit Christi - Wesen und Bedeutung dieses Königtums (Teil 1)

Quelle: Distrikt Deutschland


Interview mit dem Mitteilungsblatt und Pater Gerd Heumesser 
zum Konzil von Nicäa (325 n. Chr.)

Cyrillus von Alexandrien: "Christus besitzt die Herrschaft über alle Geschöpfe nicht infolge gewaltsamer Aneignung, nicht aus fremder Hand, sondern auf Grund seines Wesens und seiner Natur"


Mitteilungsblatt: Hochwürden, Sie sind aktuell Prior des Priorats Stuttgart, das als Patron den hl. Athanasius verehrt. Wie kaum ein anderer ist diese große heilige Bischofsgestalt mit dem Konzil von Nicäa verbunden, das vor 1700 Jahren eröffnet wurde.

Pater Gerd Heumesser: Zu Recht erinnern Sie zum Jubiläum dieses Konzils an den hl. Athanasius. Die göttliche Vorsehung hat ihn auserwählt. Er stützte und verteidigte das katholische Dogma über die Gottheit Christi.  

Allerdings nahm Athanasius zwar teil an diesem ersten „ökumenischen“, d.h. „weltweiten“, Konzil, aber nicht als Konzilsvater. Er war im Jahr 325 Diakon, Berater und Sekretär des Patriarchen von Alexandrien, aber noch kein Bischof. Erst nach dem Konzil wurde Athanasius dessen Nachfolger. In den ereignisreichen Jahrzehnten nach Nicäa wuchs er hinein in die Rolle des stärksten Verteidigers der Gottheit Christi.

Athanasius war kurz vor der Jahrhundertwende geboren worden. Er hat in jungen Jahren die diokletianische Verfolgung miterlebt, die 303 n. Chr. mit großer Grausamkeit die Christenheit heimsuchte. Die Erfahrung, dass die Kirche von außen bedrängt wird, prägte ihn später in der innerkirchlichen Auseinandersetzung um den rechten Glauben. Sein ganzes Bischofsleben lang – fünfundvierzig Jahre – stritt er für die Gottheit Christi. Anfangs unterstützten ihn die weltlichen Autoritäten, später kehrten sie sich gegen ihn. Fünfmal ging er in die Verbannung, auch einmal nach Trier. Er wurde von den Ketzern geschmäht und von den falschen Brüdern verraten. Die Christen, die hauptsächlich eine Einigung mit den Arianern suchten, denen also der Friede über die Wahrheit ging, beschimpften ihn als „anmaßend“, „stolz“ und „spalterisch“.  

Man kann viel daraus lernen. Athanasius stand oft allein gegen die Bischöfe seiner Zeit.

Der Streit zwischen Arianern und Rechtgläubigen war kein „Mönchsgezänk“, es stritten sich nicht einfach ein paar Gelehrte um bloße Formulierungen. Dem hl. Athanasius ging es wirklich um die Sache, um die Gottheit Christi. Die Glaubenssätze waren für ihn ein Fenster zur Wirklichkeit „drüben“. Aus dem Glauben heraus erneuerte er seine Diözese. Die Seelsorge folgte dem Glauben. Wenn er z.B. das gottgeweihte Leben förderte, hatte das seinen Grund in seinem Glauben an die Gottheit Christi. Weil Christus der Sohn Gottes ist, eines Wesens mit dem Vater, müssen wir ihm mit ganzem Herzen, mit ungeteilten Willen und ganzem Gemüte anhangen.

Es lohnt sich, das Leben des hl. Athanasius und die Ereignisse des Konzils in einer guten Kirchengeschichte nachzulesen. Man kann daraus viel für heute lernen. Die ganze Wahrheit der römisch-katholischen Kirche gründet auf dieser Lehre, auf diesem feierlichen Bekenntnis unseres Glaubens an Jesus Christus, den Sohn Gottes.

MB: Was war der Auslöser für das Konzil von Nicäa im Jahr 325 nach Christus?

Pater Gerd Heumesser: Die Verfolgung der Christen durch die Cäsaren war erst vor wenigen Jahren beendet worden. Jetzt war Kaiser Konstantin an der Macht. Er herrschte von 306 bis 337 n.Chr. Konstantin hatte an der Milvischen Brücke eine Vision, in der er ein Kreuz mit den Worten sah: „In diesem Zeichen wirst du siegen!“ Er bekannte sich zum Glauben der Kirche und erbaute die großen Basiliken Roms.  

In Byzanz, auf der Grenze zwischen Europa und Asien gelegen, ließ er eine neue Reichshauptstadt errichten. Nach seinem Tod sollte diese erste christliche Stadt ohne heidnische Tempel seinen Namen tragen: Konstantinopel (heute Istanbul).

Damals beunruhigte die Häresie des afrikanischen Priesters Arius die Christenheit. Dieser Ketzer behauptete über Christus: „Es gab einmal eine Zeit, als er nicht war“, und „Bevor er geboren wurde, war er nicht.“ Arius leugnete also die ewige Gottheit des Logos.  

Um in dieser Streitfrage zu einer Lösung zu kommen, lud Konstantin 325 die Bischöfe des katholischen Erdkreises nach Nicäa ein. Diese kleine Stadt lag 80 Kilometer von Byzanz entfernt und hatte einen Kaiserpalast.

Die Tradition nennt „nur“ 318 teilnehmende Prälaten. Papst Sylvester konnte aus Gesundheitsgründen nur seine Legaten schicken. Manche Konzilsteilnehmer – darauf weist schon eine frühe Quelle hin – trugen noch die „Spuren der Verfolgung am eigenen Leibe“.

Das Konzil, welches im Frühjahr 325 begann und bis zum Sommer tagte, formulierte ein Glaubensbekenntnis und erließ verschiedene Regeln, u.a. legte es fest, wann das Osterfest gefeiert werden sollte.

MB: Unter welchen Umständen traten die Konzilsväter zusammen?

Pater Gerd Heumesser: Der Konflikt begann in Alexandrien. Hier predigte Arius, dass der Logos dem Vater unterordnet sei. Christus sei das vollkommene Geschöpf, aber eben nur ein Geschöpf gewesen. Arius hing quasi einer bloßen Vernunftreligion an, und lehnte ab, was die Offenbarung uns sagt, weil es die Vernunft übersteigt. Über die Ansichten des Arius debattierten damals nicht nur die Kleriker, sondern auch die gläubigen Katholiken auf der Straße diskutierten, wie man den Glauben an die Gottheit Christi am besten formuliert. Die Heiden machten sich bald über diese innerchristliche Auseinandersetzung lustig.

Arius war schon 319 von einer Synode in Ägypten verurteilt worden. Von da an wurde über die Frage nach der rechten Lehre überall gestritten. Konstantin war wohl eher aus politischen Gründen an einem Kirchenfrieden interessiert. Darum rief er eine reichsweite Synode ein. Bisher gab es nur Bischofsversammlungen von regionaler Bedeutung. Die Versammlung in Nicäa war zum ersten Mal das, was später eine „ökumenische“, also „weltweite“ Synode heißen wird.  

Die meisten Bischöfe kamen aus dem Osten, ein gutes Drittel sogar aus der näheren Umgebung Kleinasiens. Nur sieben Konzilsteilnehmer nahmen die beschwerliche Reise aus dem Westen auf sich, doch einer von ihnen, der spanische Bischof Ossius, leitete die Synode. Der Papst hatte, wie gesagt, Legaten geschickt. Es ist historisch nicht gesichert, ob sich Arius persönlich vor dem Konzil verteidigte. Auch die Anekdote, er sei vom hl. Nikolaus von Myra wegen seiner Irrtümer geohrfeigt worden, ist historisch nicht verbürgt. Überhaupt haben wir wenige Quellen, die „Akten“ bzw. Beratungen des Konzils kann man nur schwer rekonstruieren.

Ganz sicher überliefert ist aber das nizänische Glaubensbekenntnis. Wir singen es als „großes Credo“ in der heiligen Messe an Sonn- und Feiertagen und zwar in der etwas erweiterten Form des Konzils von Konstantinopel (381) bzw. des Konzils von Chalcedon (451). 


MB: Welche Ergebnisse brachten die Beratungen?

Pater Gerd Heumesser: Die Väter haben in Nicäa nicht nach einer Art Mehrheitsentscheidung über den Glauben abgestimmt, sondern sie schöpften aus dem apostolischen Glaubensgut. Sie einigten sich nicht auf die rechtgläubige Formulierung, bloß weil die Mehrheit es so sah. Sondern weil die Kirche schon immer an die Gottheit Christi geglaubt hat, hat die Mehrheit der Bischöfe an diesem Glauben festgehalten. Nicht die Mehrheit machte die Wahrheit, sondern die Wahrheit stiftete den Konsens der Bischöfe. Geglaubt wurde die Dreifaltigkeit schon immer. Immer schon hat die Kirche im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft und gehandelt. Die Häretiker zwangen die Kirche, diesen Glauben präzise gegen die Irrtümer zu formulieren und mit Argumenten abzusichern.

Formulierungen wie „eines Wesen mit dem Vater“ und „gezeugt, nicht geschaffen“ sind präzise und verbieten es, die biblische Botschaft falsch zu verstehen.  

MB: War das „Credo von Nizäa“, wie manche Theologen meinen, eine bedauerliche Hellenisierung des Christentums, eine Ersetzung der biblischen Sprache durch die Begriffe griechischer Philosophie?

Pater Gerd Heumesser: Das Konzil prägte die präzise Formulierung, dass der Sohn „ein Wesen (homoousion) mit dem Vater ist“. Damit ersetzte es nicht die biblische Sprache, sondern sorgte dafür, dass man richtig versteht, was die Bibel inhaltlich sagt. Hinter der Forderung nach einer „biblischen Sprache“ versteckte sich damals wie heute oft eine bewusste Zweideutigkeit, die die biblischen Worte anders deuten will als es der rechte Glaube tut. So gehen auch die Modernisten vor. Nehmen wir z. B. den biblischen Begriff „Sohn Gottes“. Der Modernist unserer Tage versteht alles Mögliche darunter. Aber zum „homoousios“ will er sich nicht bekennen, weil der Begriff eindeutig ist. Der Logos ist eines Wesens mit dem Vater.

So ist es auch heute mit der „Transsubstantiationslehre“ Der Modernist unserer Tage bekennt sich zwar zur „Gegenwart Christi“, aber er will den katholischen Begriff nicht, der definiert, wie diese wirkliche Gegenwart genau zu verstehen ist. Auch der Irrlehrer von heute spricht z. B. von der „Auferstehung“, aber versteht darunter etwas anderes als die Jahrhunderte vor ihm – vielleicht nur so etwas wie „die Sache Jesu geht weiter“. Die wahre Auferstehung wird sprachlich verschleiert.

MB: Muss man disziplinäre und dogmatische Festlegungen des Konzils unterscheiden?

Pater Gerd Heumesser: Tatsächlich hat das Konzil zwischen der Glaubenslehre und disziplinären Regeln unterschieden. Die Glaubenslehren sind für alle Zeiten verbindlich, die disziplinären Regeln können sich mit der Zeit ändern. Diese Unterscheidung ist wichtig. Dass sie nicht immer beachtet wurde, hat leider mit zum griechischen Schisma geführt.

Die Frage, wann genau das Osterfest gefeiert wird, ist durch die Reform des Kalenders durch Papst Gregor XIII. im 16. Jahrhundert neu geregelt worden. Die Christen des Ostens lehnen die Kalenderreform Gregors XIII. ab und halten an dem alten Kalender Julius Cäsars fest. Papst Franziskus will mit den Christen des Ostens eine Übereinkunft für den Ostertermin erzielen. Man hat manchmal den Eindruck, im Vatikan ist nicht jedem klar, welche große wissenschaftliche Leistung die Kalenderreform Gregors XIII. war.

MB: Was sind Ihre Gedanken zum Konzilsjubiläum?

Pater Gerd Heumesser: Der Arianismus ist nicht tot, der Modernismus hat ihn in sich aufgenommen. Die Gottheit unseres Herrn wird auch heute wieder bekämpft.  

Erzbischof Marcel Lefebvre hat uns im Anschluss an einen Vers aus dem 1. Johannesbrief „Wer ist es, der die Welt überwindet, als nur wer glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?“(1 Joh 5, 5) eine historische Parallele aufgezeigt: „Wenn das die Zusammenfassung und die Substanz unseres Glauben ist, müssen wir in unserem christlichen Leben Jesus als Gott verehren und folglich, wie die Kirche es immer gelehrt und getan hat, vermeiden, Jesus den Gründern der falschen Religionen gleichzustellen, weil das eine Blasphemie wäre. Daher müssen wir auch jeden Kompromiss mit den Leugnern der Gottheit unseres Herrn, jeden falschen Ökumenismus meiden. Ebenso müssen wir gegen den Atheismus und den Laizismus kämpfen, um unseren Herrn über die Familien und über die Gesellschaft herrschen zu lassen. Vor allem aber müssen wir den Gottesdienst, das Messopfer und die von unserem Herrn eingerichteten Sakramente gemäß den durch eine Überlieferung von zwanzig Jahrhunderten geweihten Riten bewahren. Nur so werden wir unseren Herrn auf würdige Weise ehren und sicher sein, dass wir seine Gnade empfangen.

Deshalb weisen wir auch die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in die Kirche eingedrungenen Neuerungen, welche die unserem Herrn geschuldete Anbetung und Ehre vermindern und implizit auf seine Göttlichkeit einen Zweifel werfen, zurück. Diese Neuerungen kommen nicht vom Heiligen Geist, noch von seiner Kirche, sondern von denen, deren Geist vom Modernismus und von allen Irrtümern durchdrungen ist, die dieser Geist mit sich bringt und den der hl. Pius X. mit solchem Mut und solcher Energie verurteilt hat.“

Der Erzbischof hat uns aber auch Mut gemacht: „Die Kirche ist vom Arianismus errettet worden; sie wird auch vom Modernismus errettet werden. Unser Herr wird triumphieren, auch wenn, menschlich gesprochen, alles hoffnungslos aussieht.“

Wir sind nicht nur im Jubiläumsjahr des Konzils von Nizäa, sondern auch im dem der Enzyklika „Quas primas“. Das dort von Pius XI. proklamierte Königtum unseres Herrn ist eine Antwort auf den Arianismus unserer Tage. 

Lesen Sie diese wichtige Enzyklika! >

Danke für das Gespräch!