Altes Testament und Archäologie: 8. König Salomo

Quelle: Distrikt Deutschland

Unter dem Sohn und Nachfolger Davids erlangte das junge jüdische Königreich bereits seinen Höhepunkt. Die Heilige Schrift sagt: „Salomo war Herrscher über alle Reiche vom Strom [gemeint ist der Euphrat] bis zum Philisterland und bis an die Grenze von Ägypten. Sie brachten ihm Tribut und waren Salomo untertan, solange er lebte“ (1 Kön 5,1). Im Vergleich zu anderen antiken Großreichen war Israel freilich nie besonders groß, hatte unter Salomo aber doch eine regionale Bedeutung.

Verschwägerung mit dem Pharao

Die Bedeutung Salomos zeigt sich darin, dass der Pharao ihm eine Tochter zur Frau gab. Ägypten hatte damals allerdings einiges von seiner alten Macht und seinem Einfluss verloren. In der 21. Dynastie regierten Pharaonen libyscher Herkunft von der Stadt Tanis aus. Wahrscheinlich war Siamum (978-959 v. Chr.) der Schwiegervater Salomos. Er brauchte Salomo als Verbündeten in seinem Feldzug gegen die Philister, und für Salomo war die Ehe eine Garantie, dass er von Ägypten unbehelligt blieb. Salomo war sich der besonderen Ehre bewusst, eine Pharaonentochter zur Frau zu haben und ließ sie in einem eigenen Trakt seines Palastes wohnen, also nicht mit seinen anderen Frauen.

Am Hang von Silwan, gleich gegenüber der Davidsstadt gibt es ein ägyptisches Felsengrab, das die Tradition der Tochter des Pharaos zuschreibt. Es ist aus dem Felsen herausgemeißelt und war ursprünglich von einer Pyramide überkrönt, die aber in byzantinischer Zeit entfernt wurde. Es hat auch die ägyptische königliche Elle (52,3 cm) als Grundmaß.

Woher kam der plötzliche Reichtum?

Ein Jahrhundert früher waren die Israeliten noch ärmliche Schafhirten und Bauern gewesen, aber mit der Einführung des Königtums ändert sich das. Vier Faktoren spielten hier eine Rolle (nach Hesemann: Die Bibel hat recht, S. 256 ff.):

  • Das mosaische Gesetz beschränkte die Macht des Königs und schützte vor Willkür. Land durfte z. B. weder verkauft noch enteignet werden. Die Sklaverei war eingeschränkt. Das sicherte auch der einfachen Bevölkerung einen bescheidenen Wohlstand. „Juda und Israel lebten in Sicherheit, ein jeder unter seinem Weinstock und Feigenbaum, von Dan bis Beerscheba, solange Salomo lebte“, heißt es in 1 Kön 5,5. Aber auch die Abgaben an den König wurden in dem Bewusstsein geleistet, damit den Willen Gottes zu erfüllen. Israel konnte dadurch seine Produkte ins Ausland verkaufen.
  • Salomo erhielt die Abgaben der von David unterworfenen Völker, also der Ammoniter, Moabiter und Edomiter.
  • Das Königreich lag am Schnittpunkt von Ägypten und Mesopotamien, Phönizien und Arabien, konnte also aus Wegzöllen einen erheblichen Gewinn erzielen.
  • Am wichtigsten war vielleicht der vierte Faktor. Das Reich Salomos war ein führender Exporteur eines wichtigen Rohstoffs, nämlich des Kupfers.

Die Kupferminen von Timna lagen in edomitischem Gebiet und gehören zu den ältesten Bergwerken der Welt. Schon um 5500 v. Chr. soll hier Kupfer abgebaut worden sein. Um 4500 wurde der Bergbau aber zunächst eingestellt und erst gegen 1300 v. Chr. wieder von den Ägyptern aufgenommen. Im 10. Jh. v. Chr., also zur Zeit Salomos, scheinen hier freie Männer unter hohen Beamten gearbeitet zu haben, denn man fand Textilfragmente von kostbar gefärbten Stoffen. Durch Isotopenanalyse konnte man feststellen, dass der Kupferanteil von fünf Bronzestatuen aus Tanis, die in die Zeit Davids und Salomos datiert wurden, eindeutig aus Timna stammte. Auch in Mykene konnte solches Kupfer nachgewiesen werden. Salomo belieferte also Ägypten und Griechenland. Es gab auch noch andere Minen, z. B. in Faynan, nördlich von Petra im heutigen Jordanien.

Salomos Handelsflotte

Salomo verließ sich bei seinem Handel nicht nur auf König Hiram von Tyrus, sondern baute auch seine eigene Flotte. Da die Israeliten im Bau meerestauglicher Schiffe keine Erfahrung hatten, brauchten sie dazu die Hilfe der Phönizier. König Hiram sandte von seinen Untertanen auch Seeleute, die mit dem Meer vertraut waren, berichtet die Heilige Schrift in 1 Kön 9,26 f.

Eine Insel im Golf von Akaba, 10 Kilometer südlich von Eilat, wurde schon 1956 mit dem Hafen Salomos identifiziert. Eine Untersuchung im Jahr 1967 ergab, dass die Mauern aus der Kreuzfahrerzeit auf den Überresten einer viel älteren Mauer, nämlich einer eisenzeitlichen Kasemattenmauer, stehen. Im Westen gab es ein Hafenbecken, das einst von Türmen flankiert war, heute aber versandet ist. Die Güter wurden offenbar auf Barken vom Festland zu dieser Hafeninsel gebracht und dort auf hochseetaugliche Schiffe verladen.

Die Zusammenarbeit mit Salomo war für König Hiram interessant, weil ihnen durch diesen Hafen ein ganz anderer Teil der Weltmeere zugänglich wurde. Von Tyrus aus konnten die Phönizier zwar ins Mittelmeer gelangen, aber nicht ins Rote und ins Arabische Meer.

Die Königin von Saba

In 1 Kön 10,1-13 wird vom Besuch der Königin von Saba berichtet. Der antike Schriftsteller Plinius nannte die Sabäer das wohlhabendste Volk auf Erden. Ihr Reichtum war durch den Handel erworben. Sabäische Karawanen versorgten die antike Welt mit allem, was in Arabien abgebaut, geerntet und produziert wurde: Gold aus Zentralarabien, Balsam von der Balsamstaude, Weihrauch aus Oman etc. Ihre Hauptstadt Ma’rib lag im heutigen Jemen. Ein Staudamm, der den nur zwei bis dreimal pro Jahr ergiebig fließenden Regen auffing, sorgte dafür, dass hier mitten in der Wüste zwei Oasen entstanden.

Die Königin von Saba könnte eine Königinwitwe gewesen sein, die für ihren minderjährigen Sohn regierte. Sie reiste wahrscheinlich nicht nur um Rätsel zu lösen die 2600 Kilometer nach Jerusalem. Der Bau des Hafens im Golf von Akaba und der Einsatz der phönizischen Handelsflotte gefährdete vermutlich den sabäischen Karawanenhandel, denn der Warentransport auf Schiffen konnte leichter und interessanter sein als durch eine Karawane. Wahrscheinlich ging es also um ein Handelsabkommen.

In Äthiopien knüpft sich an diesen Besuch der Königin von Saba eine merkwürdige Tradition. Nach dieser empfing die Königin von Salomo ein Kind, das der Begründer des äthiopischen Kaiserhauses wurde. Der letzte äthiopische König regierte bis 1975, und in der Verfassung von 1955 hieß es, die kaiserliche Linie habe ohne Unterbrechung von den Tagen Meneliks I., des Sohns der Königin von Äthiopien und des Königs Salomo von Jerusalem, bestanden.

Dieser Menelik soll als 22-jähriger nach Jerusalem gereist sein, um seinen Vater zu grüßen. Salomo habe ihm angeboten, als Prinz an seinem Hof zu bleiben, aber Menelik soll es in das Land seiner Bestimmung gezogen haben. Daraufhin habe ihn Salomo mit einer Delegation aus Adligen, Lehrern und Handwerkern nach Äthiopien entlassen. Vorher aber, sagt die äthiopische Tradition, bemächtigte sich Menelik noch der Bundeslade und stellte statt ihrer im Jerusalemer Tempel eine Kopie auf. So soll Äthiopien in den Besitz der Bundeslade gekommen sein. Tatsächlich behaupten die Äthiopier, sie befinde sich in der sogenannten Tafelkapelle der Kirche Maria von Zion in Axum. Seit Jahrhunderten hat nur ein einziger Mönchspriester, der „Hüter der heiligen Lade“, Zutritt zu ihr, sonst darf sie keiner sehen. Dass die Bundeslade sich in Äthiopien befindet, ist wenig glaubwürdig, aber da Äthiopien zu dieser Zeit eine Kolonie von Saba war, ist es mindestens nicht unmöglich, dass man Äthiopien einem Sohn der Königin und Salomos überließ, zumal es dort wirklich eine jüdische Kolonie gab.

Salomos Tempelbau

Salomo war vor allem der Erbauer des ersten Jerusalemer Tempels, mit dessen Bau 966 v. Chr. begonnen worden sein soll. Der Tempel stand ungefähr dort, wo seit dem 7. Jh. der muslimische Felsendom steht. Die Muslime behaupten, Mohammed habe bei seinem Ritt in den Himmel hier Zwischenstadion gemacht.

Der salomonische Tempel wurde 586 v. Chr. von den Babyloniern zerstört. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft bauten die Juden ihn zwischen 521 und 516 v. Chr. wieder auf, allerdings in bescheidenerer Weise. Herodes erneuerte 19 v. Chr. den Tempel dann noch prachtvoller, als er zur Zeit Salomos war, und vergrößerte dafür die Tempelplattform fast um das Doppelte. Dieser Tempel wurde 70 n. Chr. völlig zerstört, als die Römer Jerusalem eroberten. Nachdem die Moslems Jerusalem erobert hatten, entstand hier zwischen 684 und 692 n. Chr. der Felsendom. Die Moslems bestreiten, dass hier je ein jüdischer Tempel stand, und da jede Ausgrabung das widerlegen würde, ist eine solche strengstens verboten. In diesem Bereich ist es also schwierig zu forschen.

Die rabbinische Tradition gibt die Größe der salomonischen Tempelplattform mit 500 mal 500 Ellen an, was 225 mal 225 Metern entsprechen dürfte. Der Tempel selbst wird in 1 Kön 6,2 als Bau von 60 Ellen Länge, 20 Ellen Breite und 30 Ellen Höhe beschrieben, was, wenn es sich um königlichen Ellen handelt, 31,5 mal 10,5 mal 15,75 Meter sind. Der Vorraum hatte eine Tiefe von 10 Ellen, der Hauptraum 30 Ellen, das Allerheiligste war ein Quadrat von 20 Ellen. Von außen war der Tempel noch von drei Stockwerken mit Kammern umgeben (1 Kön 6,5-6), vor seinem Portal standen die beiden bronzenen Säulen Jachin und Boas, mit Kapitellen in Lilienform und von einem bronzenen Granatapfel gekrönt.

Eine besondere Überraschung wurde 2020 bekanntgegeben. Nur acht Kilometer westlich von Jerusalem hat man nämlich in Motza einen zweiten, kleineren Tempel ausgegraben, der etwa 50 Jahre nach dem Salomonischen Tempel gebaut worden sein muss. Da es hier auch Kornsilos und zwei große Lagerhäuser gab, muss hier das Wirtschafts- und Verwaltungszentrum sowie das zentrale Vorratslager des Königreichs Juda gewesen sein. Dieser Tempel war mit 18 m Länge ungefähr halb so groß wie der Jerusalemer Tempel, glich ihm ansonsten aber völlig. Er hatte einen Vorraum mit zwei Säulen, ein Heiligstes und ein Allerheiligstes, vor dem Eingang stand ein Altar aus Natursteinen. Dieser Tempel dürfte gewissermaßen eine Filiale des großen Tempels gewesen sein. Weil es in Jerusalem nicht genug Lagerraum gab, wollte man den Bauern vermutlich die Möglichkeit geben, ihren Zehnten und ihre Opfer hier zu entrichten. Offenbar nahm man es damals mit der Einheit des Kultorts noch nicht so streng. Auch in Arad, ganz im Süden des Reichs, fand man einen kleinen Tempel. Erst die Reform unter König Hiskia (ca. 716-687 v. Chr.) räumte damit auf und ließ nur noch den Jerusalemer Tempel als legitimen Kultort zu.

Das Ende Salomos

Die Archäologie zeigt in Israel für die Zeit Salomos einen gut organisierten, wohlhabenden Staat. Die Ära Salomos war nicht ein bescheidener Anfang, sondern die Blütezeit dieses Reichs. Leider ist Salomo aber auch das traurige Beispiel eines Menschen, der gut anfing, aber schlecht endete. Seinen vielen ausländischen Frauen zuliebe ließ er nämlich deren heidnische Kulte zu und nahm sogar selbst götzendienerische Handlungen vor (vgl. 1 Kön 11,1-8). Darum kündigte Gott ihm zur Strafe die Teilung des Reiches an. Mit Salomo begann also auch schon der Niedergang des Reiches.