Altes Testament und Archäologie 11. Der Untergang des Königreichs Juda

Quelle: Distrikt Deutschland

Die Belagerung der Stadt Lachisch durch die Assyrer

Die letzten Jahre des Südreichs

Nach Hiskijas Tod kam dessen erst 12-jähriger Sohn Manasse an die Macht. Er führte die heidnischen Praktiken wieder ein, die sein Vater abgeschafft hatte und entweihte sogar den Tempel durch Götzendienst. Die Bibel berichtet:

„Er tat, was dem Herrn missfiel, indem er die Gräuel der Völker nachahmte, die der Herr vor den Israeliten vertrieben hatte. Die Höhen, die sein Vater Hiskija zerstört hatte, baute er wieder auf, errichtete dem Baal Altäre, ließ eine Aschere herstellen, wie König Ahab von Israel getan hatte, betete das ganze Sternenheer des Himmels an und diente ihm. Sogar im Tempel des Herrn, von dem der Herr verkündet hatte: ‚In Jerusalem will ich meinen Namen wohnen lassen‘, erbaute er Altäre. Dem ganzen Sternenheer des Himmels errichtete er Altäre in den beiden Vorhöfen des Tempels des Herrn. Seinen eigenen Sohn ließ er durchs Feuer gehen, trieb Zauberei und Wahrsagerei und bestellte Totenbeschwörer und Zeichendeuter. So tat er vieles, was dem Herrn missfiel, und reizte ihn so zum Zorn. Auch das Bild der Aschera, das er hatte anfertigen lassen, stellte er im Tempel auf“ (2 Kg 21,2-7).

Manasse hatte eine lange Regierungszeit von 45 Jahren (687 – 642 v. Chr.). Nach einer Tradition soll der Prophet Isaias unter ihm den Märtyrertod erlitten haben. Nach 2 Chr 33 wurde Manasse von den Assyrern nach Babel gebracht. Er bekehrte sich dort und durfte wieder nach Jerusalem zurückkehren. Er habe dann die heidnischen Altäre zerstört und Jerusalem neu befestigt. In assyrischen Inschriften taucht er als Vasallenkönig auf.

Manasses Sohn Amon regierte nur zwei Jahre und setzte die Sakrilegien seines Vaters fort. Er kam durch eine Palastrevolution um. Die Verschwörer wurden jedoch erschlagen und der Sohn Amons, Joschija, wurde auf den Thron gesetzt. Dieser war zum Zeitpunkt seiner Thronerhebung gerade acht Jahre alt und herrschte 31 Jahre (bis 609 v. Chr.). Joschija kehrte wieder zum Eifer seines Urgroßvaters für die Verehrung des wahren Gottes zurück.

Das wichtigste religiöse Ereignis seiner Zeit war die Auffindung des Gesetzbuchs im Jahr 622 v. Chr. (2 Kg 22,8). Was genau gefunden wurde, wird nicht gesagt, aber man nimmt an, dass es das Buch Deuteronomium oder ein wesentlicher Teil daraus war. Joschija soll seine Kleider zerrissen haben, als man ihm den Inhalt vorlas, denn er fürchtete den Zorn Gottes für die Nicht-Einhaltung seiner Gesetze. Die Prophetin Hulda bestätigte dann auch, dass Gott alle Flüche des Buches über das Land bringen werde, weil man ihn verlassen und anderen Göttern geopfert hätte. Joschija solle allerdings noch in Frieden sterben können.

Joschija merzte alle Götzensymbole im Land aus. In einer Höhle der Davidsstadt stieß man auf 1300 Kultobjekte aus Keramik, die dort entsorgt worden waren, meist zerschlagene Aschera-Idole. Joschijas Reform scheint dauerhafter gewesen zu sein als die Hiskijas, denn in den folgenden Siedlungsschichten findet man weder Götzenbilder noch Abbilder von Menschen oder Gesichtern. Joschija nahm in seinem 18. Jahr auch eine gründliche Renovierung des Tempels vor.

Der große Prophet dieser Zeit war Jeremias, der seinen Ruf fünf Jahre vor der Auffindung der Schriftrolle empfangen hatte.

Die Machtverhältnisse im Nahen Osten waren in dieser Zeit wieder im Umbruch. Das Vakuum, das durch den Niedergang Assyriens entstanden war, versuchten sowohl Ägypten als auch das neu aufstrebende Babylon zu füllen. Als die Assyrer den Pharao Necho II. um Hilfe gegen die Babylonier baten, verlangte dieser dafür die Wiederherstellung der ägyptischen Vormachtstellung in der Levante. Joschija stellte sich dem gegen die Babylonier ziehenden Necho bei Meggido entgegen. Offenbar wollte er die Verbindung der Ägypter mit den Assyrern verhindern. Er unterlag jedoch und wurde von Pfeilen tödlich verletzt. Nur noch zum Sterben konnte er nach Jerusalem gebracht werden.

Sein Sohn und Nachfolger war Joahas, aber der Pharao setzte ihn ab und ersetzte ihn durch dessen Bruder Jojakim, von dem er hohe Tribute verlangte. Joahas wurde als Geisel nach Ägypten mitgenommen. Mit Jojakim kehrte Juda auch wieder zu seinen alten Sünden zurück.

Das Ende Jerusalems

605 v. Chr. bestieg Nebukadnezar II. den babylonischen Thron. Er wurde zum mächtigsten Herrscher seiner Zeit. Zuerst schlug er die Ägypter vernichtend und nahm ihnen alles ab, was ihnen außerhalb ihres Landes gehört hatte. Jojakim war nun in einer Zwickmühle, denn einerseits hatte ihn der Pharao auf den Thron gesetzt und ihm den Vasalleneid abgenommen, andererseits war nun de facto Nebukadnezar der Herr im Land. Tatsächlich war Jojakim drei Jahre lang dem König von Babel untertan (bis 601 v. Chr.).

Die Bibel nennt nicht den Grund, warum Jojakim dann von Babel abfiel, aber babylonische Chroniken deuten ihn an. Nachdem Nebukadnezar sein Reich konsolidiert hatte, wollte er nämlich dem Rivalen Ägypten den Todesstoß versetzen, scheiterte dabei aber. Seine Niederlage scheint so groß gewesen zu sein, dass er sich zwei Jahre lang nicht in die Levante traute, noch nicht einmal um die Tribute in Empfang zu nehmen. Deshalb forderte der Pharao wieder seine alten Rechte und Tribute.

Trotz der Warnung des Propheten Jeremias wandte Jojakim sich von Babel ab. Darauf fielen zuerst die umliegenden Volksstämme immer wieder in sein Königreich ein, dann zog ein babylonisches Heer gegen Jerusalem. Jojakim verstarb allerdings vor der Entscheidung und sein 18-jähriger Sohn Jojachin wurde König. Er regierte nur drei Monate. Bei der Belagerung Jerusalems ergab er sich und wurde nach Babel verschleppt. Nebukadnezar plünderte die Schätze Jerusalems und führte alle Vornehmen und wehrfähigen Männer weg, insgesamt 10 000 (2 Kön 24). Zu diesen Deportierten soll auch der Priester und Prophet Ezechiel gehört haben.

Nebukadnezar machte den Onkel Jojachins, Mattanja, zum König und gab ihm den Namen Zidkija. Aber auch dieser, der letzte regierende König aus dem Haus David, wandelte in den Sünden seiner Vorfahren. Trotz der Warnung des Jeremia brach er mit dem König von Babylon und schloss sich einer Revolte der Staaten der Levante an.

Nebukadnezar zog sofort gegen Juda, zuerst wieder gegen Lachisch und Aseka, die nach Jer 34,7 die einzigen befestigten Städte waren, die in Juda übriggeblieben waren. In Lachisch hat man in den Ruinen des Tores 22 beschriftete Tonscherben gefunden, die als „Lachisch-Briefe“ veröffentlicht wurden und aus dieser Belagerung stammen. Die meisten sind von einem Beamten namens Hoschajahu an den Kommandanten von Lachisch, Joasch, gerichtet.

Dann belagerte Nebukadnezar Jerusalem. Zu Beginn der Belagerung setzte sich zwar ein ägyptisches Heer in Bewegung, von dem es hieß, es werde Jerusalem befreien. Als aber die Ägypter merkten, dass die Babylonier nicht vor ihnen flohen, sondern sich zum Kampf stellten, kehrten sie unverrichteter Dinge nach Ägypten zurück.

Der Prophet Jeremias riet zur Übergabe der Stadt, aber man hörte nicht auf ihn, sondern verleumdete ihn als Verräter. Als die Babylonier mit ihren Rammböcken Breschen in die Mauer schlugen, gelang König Zidkija zusammen mit seiner Familie und einigen Soldaten in der Nacht die Flucht durch das Südtor. Aber die Babylonier holten ihn bei Jericho ein und brachten ihn vor ihren König. Dieser ließ die beiden Söhne Zidkijas vor dessen Augen ermorden, Zidkija selbst dann blenden und gefangen nach Babylon bringen. Jerusalem und sein Tempel wurden völlig zerstört. Dies war im Jahr 586 v. Chr., und damit begann das Babylonische Exil.

Die weitere Geschichte Israels

539 v. Chr. eroberte der Perserkönig Cyrus Babylon. Dieser gestattete den Juden im folgenden Jahr die Heimkehr. Zwischen 521 und 516 v. Chr. wurde der Tempel wiederaufgebaut, wenn auch in bescheidenerer Weise. Israel blieb natürlich abhängig von den Persern, von den Nachkommen Davids regierte keiner mehr. 445 wurde ein Jude, Nehemia, Statthalter des Perserkönigs Artaxerxes in Juda und baute die Mauer von Jerusalem wieder auf.

Alexander der Große machte dann dem Perserreich ein Ende. Die Juden waren darauf meist unter syrischer Vorherrschaft. Weil Antiochus IV. Epiphanes die Ausübung der jüdischen Religion verbot, begannen die Makkabäer, die aus priesterlichem Geschlecht waren, um 165 mit ihrem Freiheitskampf und begründeten die hasmonäische Dynastie, die bis zur Eroberung Palästinas durch die Römer regierte.

 

Schluss

Die Archäologie hat in den letzten Jahrzehnten vieles bestätigt, was die Bibel schreibt, und auf manche Dinge auch ein neues Licht geworfen. Sie hat damit manche Theorien der modernen Bibelgelehrten widerlegt, die den biblischen Berichten die historische Grundlage entziehen wollten.

P. Herbert Douteil CSSp hat 2022 einen Satz geprägt, der hier als Abschluss dienen soll:

Contra facta clara durae palae non valent argumenta vaga stili – Gegen die klaren Fakten des harten Spatens können die vagen Argumente des Schreibgriffels nicht bestehen.