26. Dezember - Hl. Stephanus

Quelle: Distrikt Deutschland

Mit dem 26. Dezember beginnt die Reihe der Heiligenfeste in der Oktav des hohen Weihnachtsfestes (25.12.). Bereits im 4. Jahrhundert wurde dieser Tag zum Gedächtnis des Erzmartyrers Stephanus begangen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es sich dabei tatsächlich um den Jahrestag der Steinigung handelt.

Als es wenige Jahre nach der Himmelfahrt des Heilandes zu Unstimmigkeiten zwischen aramäisch und griechisch sprechenden Christen in Jerusalem kam, da weihten die Apostel sieben Männer griechischer Zunge zu ihren Helfern, Diakonen. Deren Namen waren Stephanus, Philippus, Prochorus, Nikanor, Timon, Parmenas und Nikolaus. Von Stephanus wird auch als dem Archidiakon, also dem Obersten der Sieben, gesprochen.

Den wundertätigen Stephanus griffen griechischsprachige Juden an, zuerst mit Worten. Weil sie ihn aber im Streitgespräch nicht zu überwinden vermochten, verklagten sie Stephanus beim Hohen Rat als Gotteslästerer. Zu seiner Verteidigung hielt der heilige Stephanus wortgewaltig eine Rede, in der er die Juden überführte, dem Willen Gottes ebenso zu widerstreben wie ihre Vorfahren.

Wie im Prozess gegen den Heiland traten während der Verhandlung falsche Zeugen auf, doch richteten sie nichts gegen den heiligen Stephaus aus, denn der ganze Hohe Rat sah dessen Angesicht dem eines Engels gleichen, denn er schaute im Geist Gottes Glorie, und von deren Strahlen leuchtete sein Antlitz.

Als unser Herr verurteilt werden sollte, da bekannte Er, Gottes Sohn zu sein, und sprach von sich als dem Menschensohn zur Rechten Gottes. Daraufhin glaubte man, keine weiteren Zeugnisse mehr für den Beweis der Gotteslästerung zu brauchen. Ähnlich ging es zu, als der Erzmartyrer Stephanus während der Verhandlung vor dem Hohen Rat den Menschensohn zur Rechten Gottes schaute und dies auch laut kundtat. Da stürzten sich die anwesenden Juden auf ihn, stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten den heiligen Diakon.

Während Stephanus vor den Toren Jerusalems litt, betete er: „Herr, nimm meinen Geist auf!“, und erinnerte damit an das Kreuzeswort des Heilands: „Vater, in Deine Hände empfehle ich Meinen Geist.“ Sterbend aber rief der auf die Knie gesunkene St. Stephanus aus: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!“, womit er abermals an ein Kreuzeswort des Heilands erinnerte: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“

Nach dem Martyrium des heiligen Stephanus brach eine allgemeine Verfolgung der Kirche aus. Allein die im Volk sehr angesehenen Apostel tastete man nicht an. - Dies geschah wohl am Ende des Jahres 36 und zog sich hin bis zum Beginn des folgenden Jahres, so dass es sich beim 26. Dezember tatsächlich um das Datum der Steinigung handeln könnte. - Im Jahre 36 war der Hohepriester Kaiaphas, der Schwiegersohn des ehemaligen Hohenpriesters Annas , nach achtzehn Jahren aus dem Amt entlassen worden. Im Herbst 36 wurde auch der Statthalter Judäas, Pontius Pilatus (26 - 36), von seinem Posten abberufen. Der neue Hohepriester hieß Jonathas und war ein leiblicher Sohn des Annas. Nachfolger des Pilatus sollte ein gewisser Marcellus (36 - 41) werden, der wohl noch nicht im Lande eingetroffen war, so dass sich der Hohe Rat für die Zeit der Vakanz das Recht, Todesurteile zu fällen, angemaßt haben wird. Jonathas wurde daraufhin bereits im Frühjahr 37 als Hoherpriester wieder abgesetzt. Einer seiner Brüder namens Theophilus übernahm das Amt. So könnte auch die über die Kirche hereingebrochene Verfolgung in jener Zeit zu Ende gegangen sein.

Der heilige Stephanus wird als Erzmartyrer verehrt. Er war der erste Blutzeuge nach der Himmelfahrt des Herrn, und er wurde dem von ihm treu verehrten Heiland in seinem Leiden so ähnlich, dass er wie jener sterbend für seine Peiniger betete. Diesem Vorbild sind spätere Martyrer gefolgt. Ganz besonders ähnlich wurde St. Stephanus der alt-sächsische Abt St. Ansverus . Er wurde um 1035 in der Schleswiger Gegend geboren. Als Jüngling ging er fort ins slawische Ost-Holstein. Dort regierte der heilige Gottschalk , der im Benediktinerkloster St. Michael zu Lüneburg erzogene, christliche Herrscher des nördlichen Wendenlandes (vgl. 16.6.), dessen Territorium sich an der Ostseeküste von der Schwentine bis zur Peene erstreckte (s. 19.1.). St. Ansverus trat in ein neu gegründetes Kloster der Benediktiner am Ratzeburger See ein. Nach dem Tode des Abtes wurde der Heilige zu dessen Nachfolger gewählt. Als aber 1066 ein Aufstand gegen den heiligen Gottschalk ausbrach (s. 17.2.), wurde nach dem Martyrium des Fürsten zu Lentzen auch die Klosterkirche am Ratzeburger See zerstört. Den Ansverus und seine Mönche führte man auf den nahegelegenen Rinsberg. Dort steinigten heidnische Slawen am 15. Juli nacheinander alle Benediktiner des Klosters am See, zuletzt erst den heiligen Abt, der um eben dies gebeten hatte, um den ihm anvertrauten Mönchen bis zum Ende beistehen zu können. Sterbend rief der heilige Ansverus aus: „Ich sehe den Himmel offen und Christus zur Rechten Gottes. Herr Jesus, nimm meinen Geist auf, und rechne ihnen diese Sünde nicht an!“ - Lange nach seinem Tode wurde der heilige Ansverus noch einmal von Feinden heimgesucht: Im Jahre 1552 plünderten Landsknechte des lutherischen Grafen von Mansfeld den Ratzeburger Dom. Dabei werden sie die Reliquien des heiligen Ansverus vernichtet haben.

Durch die Anrufung der Fürbitte des heiligen Stephanus wurden nicht nur Kranke geheilt, sondern sogar zahlreiche Tote wiederauferweckt. So ist es verständlich, dass seine Verehrung sehr volkstümlich wurde. - Die Landbevölkerung verehrte St. Stephanus als Patron der Pferde, die deshalb am 26. Dezember einen Aderlass erhielten, um Gesundheit für das kommende Jahr zu erlangen. Es fanden Umritte statt, die später vielerorts von Leonhardi-Ritten (s. 6.11.) abgelöst wurden. Man trank auch die Stephansminne, einen Kelch mit Wein, in den ein Stein gelegt wurde. Solcher Wein wurde auf die Felder gegossen, damit sie reiche Frucht hervorbrächten.

Seit dem Spätmittelalter wurde der heilige Stephanus (26.12., 3.8.) oft zusammen mit dem heiligen Vinzenz von Saragossa (22.1.) und dem heiligen Laurentius (10.8.) dargestellt. Sie bilden zusammen die drei heiligen Diakone.