Die Katholische Jugend bewegt, ohne in Aktionismus zu verfallen

08. Januar 2021
Quelle: Distrikt Deutschland

Interview mit Andreas Merkle

Die Katholische Jugendbewegung wurde am 6. Januar 1977 durch Pater Franz Schmidberger ins Leben gerufen. Er sagte damals: „Wir müssen fühlen, empfinden und denken mit der Kirche (‚sentire cum ecclesia‘). Der kirchliche, katholische Geist ist heute besonders gefordert. Dieser Geist ist kein anderer als der Geist Jesu Christi, denn die Kirche ist nichts anderes als der sichtbar fortlebende und Gnaden ausspendende Christus.“

Die Katholische Jugendbewegung will dem wahren, unveränderlichen Glauben treu bleiben und ihn aus Liebe zu Jesus Christus und seiner heiligen Kirche wieder aufleuchten lassen.

Aus diesem Glauben heraus will die KJB an der Erneuerung der Sitten und an der Heranbildung charakterfester junger Menschen für ein christliches Leben arbeiten. Sie wird durch die innere Erneuerung junger Menschen und ihrer Umgebung mithelfen, das Königtum Jesu Christi in alle Bereiche der Gesellschaft hineinzutragen. Die vier Säulen der KJB sind: 1. das Gebet, 2. Bildung, 3. Freundschaft und 4. Apostolat.

„Die KJB ist ein Werk der Kirche. Wir übernehmen und lieben, was die Kirche immer geglaubt, gelehrt und wie sie gebetet hat. Wir schätzen die hl. Messe mit ihrer Liturgie, wie die Kirche sie durch die Jahrhunderte gefeiert hat und weil sie die würdige Erneuerung des Kreuzesopfers ist. Wir lieben die Kirche auch in ihrer äußeren Erscheinung, ihren Festen und Bräuchen. In unserer Treue zur Überlieferung spiegelt sich die Unveränderlichkeit der Wahrheit. Im Vertrauen auf Gott helfen wir zuversichtlich am Aufbau der Kirche und an der Erneuerung der Gesellschaft mit.“ (Programm der KJB)

Mitteilungsblatt: Lieber Andreas, es freut uns sehr, dass wir dich für ein Interview über deine Arbeit in der Katholischen Jugendbewegung (KJB) gewinnen konnten. Stell dich doch bitte zu Beginn vor:

Andreas Merkle: Die Freude ist ganz auf meiner Seite! Aufgewachsen bin ich gemeinsam mit sechs Geschwistern auf dem Bauernhof meiner Eltern, eine halbe Stunde südlich von Ulm. Wir haben den Luxus, dass es nur 15 Minuten zur Kapelle der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Memmingen sind.

Mitteilungsblatt: Dein Amt in der KJB ist ehrenamtlich. Bist du Student, oder stehst du bereits im Beruf?

Andreas Merkle: Nach dem Abitur im Jahr 2016 war ich unschlüssig, wie es weitergehen sollte, weshalb ich zunächst ein Freiwilliges Soziales Jahr mit bleibenden Eindrücken und Erfahrungen im Umgang mit Demenzkranken leistete. In dieser Zeit bewarb ich mich dann für ein duales Studium BWL Handel, welches ich vom Herbst 2017 bis zum September 2020 absolviert habe. Anschließend wurde ich von meinem Ausbildungsunternehmen in Ulm übernommen und arbeite nun im Vertrieb.  

Meinen Ausgleich zum Bürojob finde ich unter anderem im Sport- und Musikverein. Dazu kommt das Engagement in der KJB, zunächst als stellvertretender Gruppenleiter, Regionalleiter Schwaben und schließlich seit Mai 2019 als Leiter der Katholischen Jugendbewegung hier in Deutschland.

Mitteilungsblatt: Wie wird man KJB-Leiter? Hast du bewusst für die Stelle kandidiert und bist von einer Mehrheit gewählt worden …?

Andreas Merkle (lacht): Nein, das trifft es nicht ganz! Kurz nachdem ich mitbekommen hatte, dass mein Vorgänger Moritz Scholtisyk sein Amt abgeben wollte, wurde ich von Pater Fabian Reiser zum Frühstück eingeladen. Da musste ich nur noch eins und eins zusammenzählen!

Bei dem Gespräch erbat ich mir eine Bedenkzeit, in der mir eines besonders klar wurde: So wünschenswert und ehrbar ein soziales Engagement in einem Verein ist – die Möglichkeit, Jugendlichen eine lebendige Beziehung mit Jesus erlebbar zu machen, sie im Glauben zu stärken und ihr Miteinander zu fördern, ist etwas ganz Besonderes! Trotz dem Umfang der Aufgaben freute ich mich daher darauf, Moritz’ großartige Arbeit weiterführen zu dürfen!

MB: Deine Antwort führt uns sehr gut auf die nächste Frage hin: Was bewegt dich dazu, einen nicht unerheblichen Teil deiner Freizeit für die KJB zu einzusetzen?

Andreas Merkle: Für mich gibt es verschiedene Beweggründe: Überzeugung, Dankbarkeit und Verantwortung.

Ohne die Überzeugung von der Lehre der Katholischen Kirche wäre mein Engagement fadenscheinig und sinnlos.  

Durch meine Eltern, Geschwister und die Kapelle der Bruderschaft St. Pius X. durfte ich den Schatz des Glaubens kennen lernen, der meinem Leben eine ganz andere Qualität und einen tiefen Sinn gibt. Für dieses Geschenk bin ich so dankbar.

Außerdem schließt unser Glaube eine große Verantwortung mit ein, da Jesus Christus jeden von uns in den Evangelien immer wieder explizit dazu auffordert, Apostel zu sein.

MB: Im Mai 2019 hast du das Amt von Moritz Scholtisyk übernommen. Zeit für ein Zwischenfazit deiner Arbeit?

Andreas Merkle: An dieser Stelle möchte ich zunächst einige Dankesworte loswerden. Besonders an Moritz Scholtisyk und Theresa Hager, die die KJB-Arbeit in den letzten Jahren sehr stark strukturiert und inhaltlich vorangebracht haben. Was die beiden hinter den Kulissen geleistet haben, ist wirklich stark. Theresa hat im November 2020 ihr Amt an Theresia van den Nouwland übergeben, die den Elan von Theresa gleich mit übernommen hat! 

Mein größter Dank gilt Pater Fabian Reiser, der seit mehr als vier Jahren unser unermüdlicher Jugendseelsorger im deutschen Distrikt ist und die Jugendarbeit verantwortet. Durch Pater Reiser hat das KJB-Angebot in der Breite und Tiefe nochmal ein ganz anderes Niveau erreicht, und jeder KJBler findet mit seinen Sorgen bei ihm ein offenes Ohr.

Tatsächlich hätte ich nicht erwartet, dass sich die vielen Aufgaben in diesem Team – gemeint ist der KJB-Vorstand, also Pater Reiser, Theresia van den Nouwland und ich – in so guter Zusammenarbeit bewältigen lassen. Ich kann nach gut eineinhalb Jahren sagen: Die Arbeit macht richtig Freude – auch wenn es phasenweise echt viel zu tun gibt!

MB: Du sprichst von vielfältigen Aufgaben – was sind deine typischen Arbeiten? 

Andreas Merkle: Ganz zentral sind Kommunikation, Organisation und der Blick über den Tellerrand. Eine gute Kommunikation ist das A und O. Dazu gehören z.B. die Weitergabe von Informationen an die entsprechenden Verantwortlichen, die Diskussionen über anstehende Entscheidungen oder auch die Rückmeldung von einzelnen KJBlern über unsere Jugendbewegung. Wenn sich die Jugendlichen gut abgeholt wissen, ist die Bereitschaft fürs Engagement da!

Ein weiterer Aspekt ist der Austausch mit den Leitern der KJB Österreich und Schweiz, um gemeinsame Projekte wie das jährlich stattfindende Christkönigstreffen, unsere Jugendzeitschrift Der Gerade Weg oder unsere Homepage zu besprechen.

Die Bedeutung von ehrlichem und beidseitigem Austausch, sei es vom einzelnen KJBler zum KJB-Vorstand oder im Gespräch mit den Österreichern und Schweizern, kann man nicht hoch genug einschätzen!

Unter Organisation verstehe ich die (Mit-)Organisation der zweimal jährlich stattfindenden Gruppenleitertreffen, bei denen die GLs mit dem aktuellen Jahresthema vertraut gemacht werden und verschiedene Kompetenzen gefördert werden. Weiterhin die Planung der ebenfalls halbjährlich durchgeführten Stabtreffen, bei denen die zehn bis zwölf engsten KJB-Mitarbeiter zusammenkommen, um sich gemeinsam Gedanken über neue Ideen und Verbesserungen in der Jugendarbeit zu machen. Dazu gesellen sich dann die verschiedensten Projekte, die wir umsetzen wollen. 

Neben der Kommunikation und Organisation finde ich den Blick über den Tellerrand eine wichtige Aufgabe des KJB-Leiters. Ein Beispiel: Viele Lebensrechtsorganisationen leisten großartige Arbeit. Daher haben wir den Fachmann Dr. Paul Cullen von „Ärzte für das Leben“ als Vortragsredner am Christkönigstreffen 2019 eingeladen. Diese Vernetzung ist wirklich wertvoll!

Ein wichtiges Anliegen ist für uns, dass wir nicht in Aktionismus verfallen, sondern das innere Glaubensleben, das Gespräch des einzelnen Jugendlichen mit Christus fördern. Dazu haben wir vergangenes Jahr ein Jugendgebetbuch erstellt, das in ansprechendem Design wertvolle Gebete in sich birgt. Das Gebetbuch findet so großen Anklang, dass wir mittlerweile die dritte Auflage gedruckt haben!

Für die Gruppenleiter haben wir vergangenes Jahr ein „Führungskonzept“ entworfen, das sie in der Arbeit mit und für die Jugendlichen unterstützt.

Sie sehen, es gibt mehr als genug zu tun! Wir krempeln die Ärmel hoch und geben unser Bestes – den Segen für das Gelingen erbitten wir von Gott.

MB: Wirklich sehr schön zu hören, was hier bewegt wird! Wie wurde der Corona-Lockdown im letzten Frühjahr verkraftet?

Andreas Merkle: Noch zwei Wochen vor dem ersten Lockdown im letzten Frühjahr konnten wir ein sehr erfolgreiches Gruppenleitertreffen mit ca. 45 Jugendlichen in Stuttgart abhalten. Da war Corona gefühlt noch ganz weit weg. In der Woche danach war eine Stabarbeitswoche geplant, zu der dann schon einige KJBler aus dem Norden nicht mehr angereist waren. Wiederum sieben Tage später sollte das Frauenwochenende stattfinden, das wir dann komplett absagen mussten.

Dann der Lockdown: Alle Schüler und Studenten zuhause, keine Gottesdienste, keine Freunde sehen. Für uns war klar, dass wir die Jugendlichen in dieser schweren Zeit besonders über unseren KJB-eigenen Telegram-Kanal mit geistiger Nahrung, z.B. regelmäßigem Audio-Impuls etc., versorgen wollten. Das hat sich schnell auch unter Nicht-KJBlern herumgesprochen, sodass unser Telegram-Kanal katholisch.jugend.bewegt. mittlerweile von über 1.000 Personen abonniert wird. 

Sobald es wieder möglich war, Treffen mit kleiner Personenzahl durchzuführen, haben wir auch hier wieder ein breites Angebot geschaffen. In Summe haben wir im vergangenen Jahr über 30 nationale Veranstaltungen durchgeführt, davon sechs digital. Es macht mich schon ein wenig stolz, wie schnell sich unsere Leute auf die schwierigen Rahmenbedingungen eingestellt haben. Ich denke, unsere Arbeit im Jahr 2020 kann sich wirklich sehen lassen!

MB: Wie geht es angesichts der aktuellen Situation im Jahr 2021 weiter …?

Andreas Merkle: Wir haben wieder einiges vor: Drei neue Veranstaltungen sind schon fest eingeplant, innerhalb der Jugendbewegung wollen wir einige Personengruppen noch gezielter fördern, und in der Außendarstellung werden wir aller Voraussicht nach noch im Frühjahr wieder einen großen Schritt nach vorne machen.

Da die digitale Vortragsreihe „Tradition einschalten“ mit drei spannenden, aber total verschiedenen Themen im vergangenen Dezember so guten Anklang gefunden hat, machen wir uns aktuell Gedanken, das Format auch im Januar weiterzuführen. Viele weitere Projekte werden sich im Laufe des Jahres ergeben.

MB: Wie lange dauert die Amtsperiode eines KJB-Leiters?

Andreas Merkle (lacht): Das ist eine gute Frage! Ich denke mal, so lange, bis einen die Leute loswerden möchten. Scherz beiseite, das wird sich zeigen. Meine Vorgänger haben sich häufig nach drei bis fünf Jahren aus dem Amt verabschiedet.

Die Arbeit für die KJB erfüllt mich, weil ich hier bleibende Werte an andere Jugendliche weitergeben darf. Gleichzeitig habe ich hier unglaublich viel gelernt: selbstbewusstes Auftreten, Präsentieren, Gesprächsführung. Sehr oft erhält man Wertschätzung für seinen Einsatz. Ich habe viele gute Leute kennen gelernt. Und schließlich schlägt dadurch der gelebte Glaube in einem selbst tiefere und stärkere Wurzeln. Ich empfinde es als eine große Ehre, den mehr als 450 aktiven jungen Katholiken in rund 25 KJB-Ortsgruppen in ganz Deutschland vorstehen zu dürfen!

MB: Danke für das Gespräch.